Es klingt progressiv und hoffnungsvoll: Berlins regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD), will 2019 ein “solidarisches Grundeinkommen” testen. Startet also endlich ein deutsches Grundeinkommens-Pilotprojekt? Schafft die deutsche Sozialpolitik nun den Sprung ins 21. Jahrhundert? Leider nicht.
Müllers Vorschlag steht als Etikettenschwindel in der Kritik, genauer: die Definition seines Konzepts als “Grundeinkommen”. Er schlägt vor, Langzeit-Erwerbslose mit staatlichen Jobs zu fördern. Es geht also um die Neuauflage von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen – und nicht etwa um die Einführung einer bedingungslosen Existenzsicherung für alle.
Worum geht es bei Müllers Pilotprojekt?
Michael Müller möchte im kommenden Jahr testweise 1.000 Erwerbslose beispielsweise als U-Bahn-Begleiter*innen, Touristen-Führer*innen und Assistent*innen für Kinder und Ältere arbeiten lassen. Als Lohn sollen die Langzeitarbeitslosen den Berliner Landesmindestlohn erhalten, der auf 10,50 Euro angehoben werden soll.
Die Tagesschau erklärt das Projekt in einem kurzen Video und kommentiert, warum seine Bezeichnung als “Grundeinkommen” irreführend ist.
Die Definition: Solidarisches vs. Bedingungsloses Grundeinkommen
Müllers Kommunikation stiftet Verwirrung. Die Bezeichnung von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen als “solidarische Grundeinkommen” ist ein cleverer PR-Kniff, denn es erinnert an das Bedingungslose Grundeinkommen. Die Diskussion über diese Idee hat in den letzten Jahren kräftig an Fahrt aufgenommen und ist allgemein positiv besetzt.
Auch Medien diskutieren daher häufig das Pro und Contra der beiden Konzepte – die außer dem Namen wenig miteinander zu tun haben.
Das solidarische Grundeinkommen ist eine Reform von Hartz IV und soll Langzeitarbeitslosen helfen sich in einem eigens für sie geschaffenen Arbeitsmarkt einzubringen.
Ein Bedingungsloses Grundeinkommen hingegen ist die vielleicht bahnbrechendste soziale Innovation der kommenden Jahrzehnte: Jeder Mensch soll dabei bedingungslos eine Einkommensgarantie erhalten. Die Höhe wird noch diskutiert, gerade erwartet die Mehrheit ein Grundeinkommen von ca. 1.200 Euro im Monat. Pilotprojekte zu diesem Konzept hat es zuletzt in Kanada und Finnland gegeben.
Grundeinkommen wirkt durch die Bedingungslosigkeit
Nach über 200 verlosten einjährigen Grundeinkommen haben wir herausgefunden: Die transformative Wirkung eines Grundeinkommens entfaltet sich dadurch, dass jede*r es bekommen kann und dass es bedingungslos ausgezahlt wird – also ohne Bedürftigkeitsprüfung und unabhängig vom Erwerbs-Arbeitsverhältnis.
Mit einem echten Grundeinkommen haben wir die Chance, uns mit mehr Bedingungslosigkeit im Sozialsystem gegenseitig ein würdevolles und selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. Das würde uns für die Digitalisierung wappnen und könnte die Qualität unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens dramatisch verbessern.