Erinnert ihr euch an Astrid? Ende 2015 gewann sie gemeinsam mit ihrer Freundin Ingrid das Tandem-Grundeinkommen. Seitdem ist viel passiert. Unter anderem absolvierte sie eine Weiterbildung zur Trauerrednerin. Nun hat sie euch geschrieben und berichtet von ihrer ersten Trauerrede und verrät, was Mein Grundeinkommen damit zu tun hat.
Die Zeit geht dahin und nun erhalte ich schon seit neun Monaten Grundeinkommen. Vielleicht erinnert sich die eine oder der andere daran, dass ich im Dezember 2015 bei der langen Nacht des Grundeinkommens in Berlin den Wunsch äußerte, als Trauerrednerin arbeiten und mit dem Grundeinkommen eine passende Weiterbildung finanzieren zu wollen.
Ich möchte euch freudig erzählen, dass ich die Weiterbildung im März gemacht und bereits Anfang Juli meine erste Trauerrede gehalten habe! Mein Einstieg in dieses neue Terrain war geprägt von ganz viel Vertrauen seitens der Familie des Verstorbenen und perfekter Unterstützung durch das Bestattungsunternehmen. Für meine erste Rede hätten die Bedingungen nicht besser sein können. Die Trauergemeinde war voller Dank für die gefundenen Worte. Ein Trauergast, schätzungsweise 75 Jahre alt, ließ mich anerkennend wissen, dass er in seinem ganzen Leben noch nie so eine tolle Rede gehört habe und ein Mitarbeiter vom Bestattungsunternehmen gab mir eine"glatte 1".
Das war schon alles sehr aufregend und spannend, und doch genau so wie ich es mir gewünscht hatte. Ich war eingebunden in das eingespielte Team vom Bestattungsunternehmen, die Aufgabenverteilungen waren klar geregelt, das gab mir Sicherheit. Durch die Weiterbildung zur Trauerrednerin im März war ich sehr gut vorbereitet.
Ich beschäftige mich außerdem seit zwei Jahren im Rahmen von Wochenendworkshops mit Biographiearbeit und stellte fest, wie mir diese bisherigen Erfahrungen zu meiner persönlichen Biographie jetzt ganz wunderbar unterstützend beim Schreiben der Rede zu Gute kamen. Statt eines Trauergespräches erhielt ich von sieben Menschen aus dem Umfeld des Verstorbenen - Verwandten, Freunden und Arbeitskollegen - Emails mit Erinnerungen. Und so entstand vor mir das Bild eines Menschen, den ich erst durch seinen Tod kennenlernen durfte und dem ich gerne zu seinen Lebzeiten begegnet wäre.
Für mich ist das Schreiben so einer Rede eine große Würdigung und Wertschätzung des Lebens eines Menschen. Mit Respekt höre ich die Zwischentöne, stelle dem Verstorbenen Fragen und warte auf Antworten, fühle mich in die Stimmungen ein und erspüre die Anteile, die im Schatten einer vermeintlich positiven Eigenschaft stehen, nicht um sie an den Pranger zu stellen, sondern ihnen Raum zu geben und mit dem Wissen um ihre Existenz das Lebensbild abzurunden. Was bleibt ist der Blick zurück, und der fällt mir über die linke Schulter leichter als über die rechte, was immer das wohl zu bedeuten hat. In Hawaii sagen die Menschen „die Zukunft liegt in unseren Rücken“.
Und der Kreis schließt sich für mich auf sehr schöne Weise, denn Mein Grundeinkommen ist an meinem guten Start als Trauerrednerin nicht ganz unbeteiligt. Die Anfrage verdanke ich meiner Präsenz bei Mein Grundeinkommen. Eine entfernte Bekannte ist ebenfalls Crowdhörnchen bei Mein Grundeinkommen, hatte so von meinen Plänen, als Trauerrednerin arbeiten zu wollen, erfahren und mir ihr Vertrauen geschenkt, für den Verstorbenen in ihrer Familie die richtigen Worte zu finden.
Ich bin sehr gespannt, welche Anfragen in Zukunft an mich herangetragen werden, in welche Geschichten ich eintauchen und welchen bisher nicht gesehenen Zusammenhängen ich eine Stimme geben darf.
Ich grüße von Herzen in alle Richtungen
Astrid