Leonie hat in unserer Sonder-Verlosung ein sechsmonatiges Grundeinkommen gewonnen. Durch die Coronakrise kann sie neben ihrem Studium zunächst nicht mehr arbeiten. Der Gewinn ist ein Auf und Ab der Gefühle, plötzlich muss sie sich finanziellen Wahrheiten stellen. Hier hat Leonie sieben Wochen lang einen Einblick in ihr Tagebuch gewährt und uns von ihren Träumen und dem Alltag mit Grundeinkommen erzählt.
Die neuesten Einträge aus Leonies Grundeinkommens-Tagebuch – Stand: 18. Juni 2020
Tag 51: Erkenntnisse zum Ende
Es ist seltsam zu wissen, dass dies der letzte Eintrag ist und ich gerate schon zu der Überlegung den Lesern zu danken – bis ich mir wieder bewusst mache, wie sehr mich die Veröffentlichung im Schreiben beeinflusst hat: Mein Tagebuch ist zu Blogbeiträgen mutiert. Um diese Erkenntnis und die ersten 1.000 Euro hat mich das Grundeinkommen ohne Frage bereichert.
Ich frage mich, wo die Zeit hin rennt: Ziellos arbeite ich mich von Projekt zu Projekt und übe mich in thematischen Weitsprüngen – ohne Halt zu machen und tiefer einsteigen zu können. Geplagt vom Gefühl für das Geld, das ich bekomme(n werde), nicht in der Weise arbeiten zu können, wie ich es gerne tun würde, sehe ich das Ende meines Studiums immer näher kommen.
Ich bin froh über die Luft, die mir das Grundeinkommen verschafft und finde mich trotzdem vor der gleichen Frage wieder: An welcher Stelle kann ich mit meiner Ausbildung zur Produktdesignerin einen sinnvollen Beitrag leisten, ohne mich selbst zu verkaufen? Während meine eigenen Ansprüche nach einer Selbstständigkeit schreien, verpasst mir die Realität einen Schlag auf den Hinterkopf und die Existenzangst presst mir die Hand auf den Mund.
Nach wie vor bin ich absolut überzeugt von der Sinnhaftigkeit des sozialen Experiments Mein Grundeinkommen und von dem Modell eines tatsächlich bedingungslosen Grundeinkommens für alle.
In meinem Fall bewirkt das sechsmonatige Grundeinkommen zunächst, dass meine Rücklagen aufgestockt werden und eine finanzielle Unabhängigkeit für den Rest meines Studiums besteht. Es bietet eine vorübergehende Grundsicherung, die einen äußerst guten Vorgeschmack auf die Möglichkeiten gibt, die ein Bedingungsloses Grundeinkommen für alle eröffnen würde – zunächst individuell und dann gesellschaftlich.
Alle bisherigen Einträge aus Leonies Grundeinkommens-Tagebuch
Tag 1: Der Gewinn und der Boden der Tatsachen
Seb stürmt aufgeregt zur Wohnungstür herein: "Schau in deine Mails! Ich hab ein Grundeinkommen gewonnen." Tatsache! Wir haben beide jeweils ein sechsmonatiges Grundeinkommen gewonnen. Ich starre auf den Bildschirm. Klar hat man irgendwie daran geglaubt, dass es irgendwann klappt, aber echt jetzt?
Wir freuen uns riesig und spinnen Pläne, das Geld in ein Grundstück zu investieren, das wir dann langfristig nach Maßstäben der Permakultur bewirtschaften könnten. Selbstversorgung Level 1. Wir träumen von Konzepten der Solidarischen Landwirtschaft, Pachtparzellen und einen Bereich, der für Festivals zur Verfügung gestellt werden kann.
Die Idee eines Freundes unterstützen, Nachbarschaftsfeste und Workshops für alle Generationen, abends Party ohne Drogen.
Eine Website könnten wir uns professionell anlegen lassen, auf der wir uns und unsere gestalterischen Arbeiten präsentieren könnten und ich überlege, zusätzlich einen Blog zu starten.
Ich rufe meine Mutter an, die mich in meinem letzten Studiensemester nach wie vor finanziell unterstützt. Mittlerweile mit 500 Euro im Monat. Hinzu kommen meine 300 Euro Halbwaisenrente, die ich bis zum Prüfungsdatum meiner Diplomarbeit bekomme. Ihre Reaktion ist nach freudigem "Ihr seid wirklich Glückspilze"-Rufen sachlich und unromantisch.
Meine Rente wird vermutlich nicht weiter fließen, ich soll mich schleunigst schlau machen und sie braucht mich dann ja nicht mehr zu unterstützen. Ich merke, wie die 6.000 Euro reinen Zukunftsinvestitions-Budgets ganz rasch auf 1.000 Euro zusammenschrumpfen.
Von meinen 800 Euro, die ich derzeit monatlich zur Verfügung habe, bleibt mir nichts zum Zurücklegen. Mein Nebenjob, der nur sporadisch alle paar Monate 320 Euro einbringt, ist wegen der Coronakrise auf Eis gelegt. Meine gerade erst aufgenommene Selbstständigkeit ist finanziell nicht der Rede wert.
Meiner Schwester gegenüber wäre es ungerecht, würde sie mich weiter finanzieren, sagt meine Mutter. Sie will die Bafög-Schulden meiner Schwester zurückzahlen. Außerdem hätte ich dann monatlich mehr Geld zur Verfügung als sie selbst. Das ginge für sie nicht, sie muss schließlich auch Abstriche machen und müsse nachdenken.
Enttäuscht stehe ich heulend in der Küche. Ich bin eine egoistische Tochter und Schwester, weil ich davon ausgegangen war, dass ich weiter finanziert werde.So bedingungslos scheint mir das Grundeinkommen plötzlich nicht mehr.Scheiß drauf.
Nicht mehr abhängig sein. Sich für das restliche Geld nicht mehr rechtfertigen müssen.
Tag 2: Der Gewinn löst eine Kettenreaktion aus
Ein Anruf bei der Rentenkasse genügt, die Halbwaisenrente ist seit ein paar Jahren einkommensunabhängig. Puh! Ich lese, dass Bafög und Arbeitslosengeld beim Gewinn gekürzt werden oder sogar ganz wegfallen. Meine Mutter hat Recht.
Was wenn ich das Grundeinkommen ein halbes Jahr später gewonnen hätte? Hinfällig.
Ich lege die Rechnung um und mache mir bewusst, dass die wegfallenden 2.500 Euro Unterstützung meiner Mutter die Hälfte der Bafög-Schulden meiner Schwester sind. Irgendwie habe ich das Gefühl, jetzt indirekt mit meinem Gewinn die Hälfte ihrer Bafög-Schulden abzuzahlen. Damit kann ich leben.
Warum bin ich dem Geld meiner Mutter gegenüber so selbstgerecht eingestellt? Nur weil sie gesetzlich verpflichtet ist – oder war? Im Endeffekt schenkt es ihr ebenfalls die 2.500 Euro oder viel mehr fünf Monate, die sie ihre Kinder weniger finanziell unterstützen muss. Ich freue mich über die ausgelöste Kettenreaktion.
Tag 3: Wie geht es weiter?
Schon der dritte Tag Tagebuch führen ist ein Nachtrag. Nachdem ich vorgestern Abend eine sehr ehrliche Mail an meine Mutter geschickt habe, die ihr meine Sicht auf die Dinge schildern sollte – und gleichzeitig die Mitteilung war, dass ich keine weitere finanzielle Unterstützung mehr beanspruche – habe ich mich gestern erfolgreich von meinem Laptop fern gehalten.
Die Antwort meiner Mutter zeigt mir, wie sie denkt. Nachvollziehen kann ich es nicht, gleichzeitig habe ich den Eindruck, dass sie meine Ansichten, abgesehen von der Anfangseuphorie, auch nicht wirklich versteht.
Dass uns die Familie wichtiger ist als Geld, darüber sind wir uns jedenfalls einig. Über die Zahlungseinstellung auch.
Darauf, dass das Grundeinkommen ein halbes Jahr später keine Diskussion ausgelöst hätte, geht sie nicht ein. Thema abgeschlossen. Hoffentlich. Ich versuche, das ungute Gefühl in meinem Bauch zu ignorieren und lege mich mit Seb in die Sonne um zu lesen.
Tag 4: Bisherige Zahlungen – ab sofort eingestellt
Ich bin nachlässiger im Tagebuch schreiben, als ich gedacht hätte. Vermutlich auch eine Gewohnheit, die sich erstmal im Alltag etablieren muss. Gestern gab es noch ein kurzes Telefonat mit meiner Mutter. Ob das Grundeinkommen denn schon Anfang des kommenden Monats käme oder ich Schwierigkeiten bekäme, wenn sie ihre Zahlungen direkt einstellte. Ich bestätige, dass ich jetzt finanziell abgesichert bin und unser weiteres Telefonat beschränkt sich auf einen kurzen Austausch darüber, wie wir Ostern verbringen.
Tag 5: Was ist unser sozialer Beitrag?
Seb und ich haben mit anderen Studierenden eine Genossenschaft gegründet. Gemeinsam wollen wir Saarbrücken für Studiumsabsolventen attraktiver machen. Beim heutigen digitalen Corona-Meeting unserer Genossenschaft kommt auch die finanzielle Not Studierender und Freischaffender zur Sprache, die durch die Krise ausgelöst wurde. Wir möchten einen sozialen Beitrag leisten, der am besten über die Krise hinaus nachwirkt und/oder weiterverfolgt werden kann.
Wie kann eine Soforthilfe aussehen? Welche solidarischen Modelle kann die Genossenschaft auf die Beine stellen und sich darüber hinaus leisten? Politisches Wirken und konkrete, lokale Projekte erscheinen in der Umsetzung realistisch.
Tag 7: Ein Weckruf aus der Uni
Ein Anruf von meinem Prof holt mich aus der Semesterferien- und Corona-Schwebe. Mit meinem Diplom habe ich mich in letzter Zeit eher peripher beschäftigt. Nach Ostern steht das nächste Planungsgespräch an. Besser ist es, dann geht es da auch mal weiter.
Warum brauche ich immer Druck und Deadlines, damit es richtig rund läuft?
Den Druck bezüglich der Arbeitssuche nach dem Studium hat das Grundeinkommen reduziert. Ob das wirklich so gut ist, wie es sich zunächst anfühlt?
Tag 9: Mit dem Ausgang d'accord
Bei Facebook hat mir eine Bekannte den Link zu meinen Tagebucheinträgen geschickt, ich hatte gar nicht mehr nachgesehen.
Neun Kommentare. Ich bin gespannt wie meine Hirngespinste aufgenommen werden und sehe: die Meinungen gehen auseinander.
Mein Gefühl zwischen richtig und falsch, Recht und Unrecht, die Orientierung verloren zu haben bezüglich des Konflikts mit meiner Mutter, scheint durch die unterschiedlichen Auffassungen bestätigt. Manchmal gibt es eben kein schwarz oder weiß. Wichtig bleibt für mich das Resultat und das zeigt, dass meine Mutter und ich normale Gespräche führen können und beide mit dem Ausgang d'accord sind.
Tag 11: Virtuelle Köpfe und reale Ziegel
Die Besprechung zu meiner Diplomarbeit ist besser gelaufen als gedacht. Drei Tage Arbeit vorab haben mich der Materie wieder näher gebracht und den Profs Angriffsfläche geboten. Das Feedback bringt neuen Input und neue Motivation.
Das für mich neue Format, alle Besprechungen über Videochats abzuhalten, hat zwar den Nachteil, dass Diskussionen wesentlich zurückhaltender stattfinden, aber auch den Vorteil, dass es zeitlich nicht so sehr ausartet. Eine erstaunlich zielgerichtete und effiziente Arbeitsweise, auch wenn es unangenehm ist, immer nur mit zweidimensionalen Köpfen zu sprechen.
Nachmittags konnten Seb und ich uns dann ganz ohne Bildschirme auf dem Dach des Nachbarhauses austoben. Beim Abdecken der alten Ziegel, die alle nach und nach in den Container geschmettert wurden, kam glücklicherweise nicht zu spät der Einfall: Die sind perfekt, um damit Wege zwischen den Beeten auf unserem Grundstück zu legen!
Ungefähr einem Drittel der Ziegel wurde so ein neues Leben geschenkt. Ich hoffe, der Ton dient nicht nur als Trittfläche, sondern zeigt sich auch als dienlich bei der Wasserspeicherung im Boden.
Tag 14: Konzepte, die das System verändern
Die Krise ist die optimale Zeit, um potenziell systemverändernde Konzepte auszuprobieren.Wann ist das Grundeinkommen dran? Und wie werden die in der aktuellen Situation als nicht systemrelevant deklarierten Solo-Selbstständigen aus dem kreativen Sektor ihre Systemrelevanz beweisen?
Tag 16: Kniefall für die Ziegel
Während sich Seb gemeinsam mit unserem Nachbarn im Kniefall übt und die lose liegenden Ziegel einbettet, setze ich mit der Nachbarin und ihren Kindern die Kartoffeln.
Im Anschluss teste ich freudig meinen neu erworbenen Rost-Radierer an meiner Drechselbank. Die Freude verfliegt schneller, als sich der Flugrost festgesetzt hat. Eine mühselige Arbeit, die wohl noch etwas Zeit in Anspruch nehmen wird.
Tag 18: Ein Computersonntag
Wir sitzen uns den gesamten Tag gegenüber am Küchentisch, das Rollo auf Halbmast, um die Sonneneinstrahlung auf den Bildschirm zu minimieren. Wir recherchieren für die Erstellung eines offenen Briefs anlässlich der derzeit besonders prekären Situation Kreativer.
Welche Rolle spielen Kreative in der Gesellschaft? Was zur Hölle tun wir hier eigentlich? Ich kann zynische Tagebucheinträge verfassen, aber politische Briefe gehören nicht zu meinen Stärken. Wie gesellschaftsrelevant ist es, Gemüse im Garten anzubauen?
Tag 20: Money, Money, Money
Noch nie habe ich so viel über Geld gesprochen wie diesen Monat. Was nicht ausschließlich am Grundeinkommen liegt, sondern auch daran, dass mein angenehmes Studentenleben auf sein Ende zuschreitet.
Das zwischenzeitliche Sicherheitsbedürfnis, das mich überkommt und dazu verleitet auf dem nahegelegenen Hof nach Arbeit zu fragen, wird durch die Absage nicht befriedigt. Ich merke, wie ich unverhältnismäßig viel Zeit damit verbringe, über Eventualitäten nachzudenken, statt mich auf Konkretes zu fokussieren.
Tag 22: Verspieltes Potential?
Im praktischen Teil meiner Diplomarbeit möchte ich ein Gesellschaftsspiel konzipieren. Die Nachbesprechung meines schriftlichen Teils stellt meine Entscheidung erneut in Frage. Ob ich mein Potenzial mit einem Spiel nicht verspielen würde, wirft mein Professor ein. Der Gedanke gefällt mir – vielleicht kann ich ihn in die Spielmechanik einbauen.
Für einen Freund möchten wir zum Geburtstag einen Kuchen backen. Seb sucht ein Rezept heraus. Ich werde ermahnt, diesmal streng nach den Vorgaben zu agieren – backen ist so unglaublich unkreativ. Das Endergebnis überzeugt allerdings. Das perfekte Geschenk.
Tag 25: Verzettelt
Während ich mit einer lieben Bekannten über meine Idee fürs Diplom quatsche, wird mir zunehmend bewusst, dass eine Spielentwicklung alles andere als spielend funktioniert. Die sich in Projekten üblicherweise anbahnende Krise ist im Diplom-Projekt zwar noch nicht ganz da, klopft aber immer lauter an die Tür. Zunächst mal muss ich meine Zettel sortieren, vielleicht folgen meine Gedanken.
Tag 26: Step by Step
Ich lese eine Stellungnahme der Deutschen Kommunistischen Partei zur Exit-Debatte und stimme mit vielem überein. Außer mit dem Schluss: Soll die Antwort auf die negativen sozialen Auswirkungen des Kapitalismus wirklich der Kommunismus sein? Mein Bauchfell sträubt sich beim Gedanken an einen radikalen Systemwechsel. Zwischenlösungen müssen her, Testläufe und Evaluationen. Wie das Grundeinkommen…
Tag 29: Realitätscheck
Ich habe einen Auftrag angenommen, zusammen mit einer Freundin. Perfekt eigentlich. Der Verhandlungsverlauf und die letztliche Preisgestaltung entsprechen jedoch nicht dem, was wir veranschlagt hatten. Als unrealistisch wurde die Summe hingestellt, als nicht den üblichen Preisen entsprechend.
Im Gegensatz zu meiner Freundin genieße ich das Privileg, noch zu den gegebenen Konditionen arbeiten zu können, da ich Studentin bin und außerdem ein Grundeinkommen gewonnen habe. Bei ihr, die von ihrer Selbstständigkeit abhängig ist, sieht es ganz anders aus. Ich frage mich, in welcher Realität ich aktuell lebe und zukünftig leben möchte?
Tag 31: Steuergrauen und Kletterglück
Mein Termin mit dem Steuerberater gestaltet sich wesentlich entspannter als befürchtet. Ich bin froh, an so ein geduldiges und nettes Exemplar geraten zu sein, der die Dinge wirklich ausführlich für Nichtsblicker erklären kann.
Am Nachmittag bauen wir endlich das Hochregal bei unseren Nachbarn auf. Die nicht ausbleibenden Komplikationen wie zu kurze Schrauben und nicht in der Wand haltende Dübel verzögern den Prozess, sodass wir die Latten nicht mehr aufs Gestell montiert bekommen. Die Nachbarskinder freuen sich und verstehen das unfertige Konstrukt als Kletter-Aufforderung.
Tag 34: Flugrad
Mein neues altes Fahrrad, das ich von der Werkstatt abhole, hat die Operation gut überstanden. Die gebrochenen Speichen sind geflickt, Gangschaltung und Bremse eingestellt. Endlich habe ich mehr als drei Gänge – ein 70er-Jahre Damensportrad mit sechs Gängen! 100% Steigerung. Ich sitze zum ersten mal auf und fliege nur so über den Asphalt.
Tag 36: Ein Anflug von Struktur
Ich treffe mich mit einer Freundin in ihrem Garten, um mit ihr an meinem Spielkonzept fürs Diplom zu arbeiten. In ihren Schlagwortbündeln, die sie aus meinen Erläuterungen am Flipchart kreiert, lässt sich ein erster Anflug von Struktur erkennen. Großartig.
Am Nachmittag findet das erste Treffen bezüglich des neuen Auftrags statt. Der Bedarf an Ausstattung sowie das visuelle Gestaltungskonzept werden mit dem zukünftigen Nutzer des Raumes besprochen. Es sei das erste Mal, dass er so viel mitbestimmen könne. Ist das positiv oder sind wir unprofessionell? Vielleicht auch beides.
Tag 39: Muttertag
Während meine Mutter gerade ihren Korb aus dem Auto hievt, sieht sie mich kommen. Ihr Blick wandelt sich schnell von Verwirrung in fassungslose Freude. Wir überlegen, wie lange wir uns nicht mehr gesehen haben und umarmen uns einfach trotz Corona.
Die Überraschung ist geglückt - dass ich zum Brunch bei meiner Schwester hinzukommen würde, wusste sie nicht. Die zusammengetragenen Leckereien, die wir auf dem Balkon versammeln, werden von den Katzen ausgiebig beäugt, bevor sie in unseren Bäuchen verschwinden.
Tag 45: Solarenergie
Ich weiß nicht, wo die Woche hin ist – plötzlich ist wieder Wochenende. Abgesehen von ein paar Online-Meetings, Arbeit und Diplomkrisen ist wenig passiert. Meine Augen müssen sich erst wieder daran gewöhnen, in die Ferne und nicht auf den Bildschirm zu schauen, als wir uns im Park treffen.
Ich freue mich, mal wieder analoge Zeit mit Freunden zu verbringen. Die Sonne gibt mir das Gefühl, alle nicht zustande gekommenen Kontakte bei diesem einen Treffen wieder gut machen zu wollen. Energiegeladen und euphorisch radeln wir in der Dämmerung zurück nach Hause.
Tag 48: Effizienzsteigerung
Ich nehme zum ersten Mal am Runden Tisch des Netzwerkes “Globales Lernen” teil. Das Treffen wird digital abgehalten. Dafür, dass viele Neulinge dabei sind und insgesamt fast 20 Personen teilnehmen, ist es erstaunlich gut getaktet. Der persönliche Austausch, der mit den neuen Gesichtern fehlt, läuft parallel über den Chat.Für diese Art Treffen scheint die Videokonferenz doch ein sehr effizientes Format zu sein. Ich bin gespannt, in welchen Bereichen es sich zukünftig als gängiges Mittel durchsetzen wird.
Tag 50: Vertretbare Staubsauger
Nach der wöchentlichen Putzaktion werde ich mal wieder von Niesanfällen geplagt. Meine Einstellung gegenüber Allergien ist derart, dass ich keine habe. Trotzdem scheint mir Hausstaub nicht so gut zu bekommen. Unser alter Staubsauger saugt zwar nach wie vor mit enormer Leistung – was immer gegen einen Neukauf gesprochen hat – allerdings pustet er auch einiges an Staub wieder raus.
Ich mache mir Gedanken, welche Kriterien ein vertretbarer Neukauf erfüllen müsste und ob es überhaupt noch Staubsaugervertreter gibt. Die Recherche nach beutellosen, “made in Germany”-Saugern, die allergikergeeignet sind, führt zu einem Modell für 340 Euro. Autsch.
Leonie schrieb ihr Grundeinkommens-Tagebuch jede Woche für uns fort. Die neuen Einträge ergänzten wir jeweils am Anfang des Artikels.
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