Jetzt steht es fest: Ein Bedingungsloses Grundeinkommen für alle ist finanzier- und damit umsetzbar. Aber was würde sich verändern in einem Land, das allen Menschen die Existenzsicherung ermöglicht? Wir schauen auf die zehn wichtigsten Erkenntnisse des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) und was sie konkret bedeuten.
Als Verein finden wir seit neun Jahren heraus, was ein Bedingungsloses Grundeinkommen im Leben unserer Gewinner*innen verändert. Dabei haben wir vielversprechende Indizien gefunden, die darauf hinweisen, dass es eine Lösung für uns alle sein könnte.
Mit den Berechnungen des DIW liegen jetzt konkrete Zahlen darüber vor, was sich gesamtgesellschaftlich ändern würde, wenn wir ein realistisch finanzierbares Grundeinkommen wirklich einführen würden. Erstmalig können wir also nicht nur individuelle Effekte in den Blick nehmen, sondern das große Ganze.
Deshalb wollen wir auch nicht länger warten, dir Einblicke in diese bahnbrechend neuen Erkenntnisse zu geben. Hier sind die zehn wichtigsten Auswirkungen eines finanzierbaren und tatsächlich eingeführten Grundeinkommens – und was sie für uns alle bedeuten:
83 % aller Menschen haben mehr Geld als heute
Die Frage, wie viele Bürger*innen wirklich von einem Grundeinkommen finanziell profitieren würden, drängt sich natürlich als erstes auf, wenn man über seine reale Einführung spricht.
Und hierzu liefert die Studie des DIW eindeutige Antworten: 83 % aller Menschen in Deutschland leben in Haushalten, die mehr Geld zur Verfügung hätten als vor der Einführung des Grundeinkommens.
Die anderen 17 % setzen sich aus zwei Gruppen zusammen: 7 % hätten gleich viel Geld zur Verfügung. Nur 10 % müssten steuerlich mehr beitragen. Aber selbst dieser reichste Teil der Bevölkerung müsste vergleichsweise wenig draufzahlen.
Schiebe doch mal probehalber den Regler auf unserer Finanzierungsseite besonders weit nach rechts. So kannst du sehen, wie viel die am Besten verdienenden Personen von ihrem Einkommen steuerlich zur Finanzierung des Grundeinkommens beitragen würden.
Armut, wie wir sie kennen, ist nicht mehr möglich
Einer der Hauptgründe, warum das Bedingungslose Grundeinkommen immer wieder als sozialpolitische Reform diskutiert wird, liegt in seinem Versprechen, Armut zu bekämpfen.
Aber warum ist das überhaupt ein so drängendes Thema? Weil 13 Millionen Menschen in Deutschland armutsgefährdet sind – das ist jede sechste Person. Sogar ein Viertel der arbeitenden Bevölkerung in Deutschland verdient weniger als 14 Euro die Stunde und droht damit heute schon in Altersarmut zu geraten. Das ist aber noch längst nicht alles.
Verzicht auf Dinge des alltäglichen Bedarfs, ein schlechterer Gesundheitszustand, geringere Bildungschancen und hohe Unzufriedenheit: Die negativen Effekte und Auswirkungen von Armut gehen weit über das rein Finanzielle hinaus. Und sie erzeugen Folgekosten für unsere gesamte Gesellschaft.
Mit der Einführung eines realistisch finanzierbaren Grundeinkommens könnte diese Entwicklung tatsächlich eingedämmt werden, zeigt die Studie des DIW. Armut in ihrer heutigen Form wäre so nicht mehr möglich, weil alle immer garantiert so viel bekommen, wie sie im Zweifel auch brauchen.
Das betrifft nicht nur die Armut, die schon heute in den Statistiken auftaucht, sondern auch verdeckte Armut. Sie betrifft Menschen, die auf staatliche Unterstützung verzichten, obwohl sie eigentlich Anspruch darauf hätten. Da ein Grundeinkommen automatisch an alle ausgezahlt würde – ohne Formalitäten wie komplizierte Anträge – könnte es hierzu nicht mehr kommen.
Die Schere zwischen Arm und Reich wird kleiner
Extreme Armut und extremer Reichtum sind zwei Seiten einer Medaille. Durch verschiedene strukturelle Faktoren hat dieses System ungerechter Verteilungsmechanismen die Tendenz, sich selbst zu erhalten und zu verstärken.
Menschen mit geringen Einkommen bekommen zunehmend weniger und die Zahl der reichsten Menschen steigt. Für diesen Umstand wird gerne das Bild einer sich immer weiter öffnenden Schere benutzt.
Mit einem finanzierbaren Grundeinkommen würde sich diese Schere ein entscheidendes Stück und vor allem nachhaltig schließen.
Der Grund dafür liegt in einem Grundpfeiler der Grundeinkommens-Finanzierung: Durch einen automatischen Steuerausgleich zwischen den höchsten und mittleren bis niedrigen Einkommen würden letztere um 46 % steigen. So tragen die, die das Geld nicht brauchen, mit ihren gezahlten Steuern zur Finanzierung des Grundeinkommens für alle bei.
Eine effektive Steuersenkung für die große Mehrheit
Steuern sind bei den wenigsten ein beliebtes Thema. Das hochkomplexe Steuersystem dieses Landes macht es den meisten von uns aber auch nicht gerade leicht, den Überblick zu behalten. Warum bezahle ich welche Steuer? Ist das gerechtfertigt? Und warum sind die so hoch? Dass Steuern die Grundlage für unser Gemeinwohl sind, wird dabei gerne mal vergessen.
Andererseits ist es nur verständlich, dass in angespannten Zeiten, in denen viele nicht genug zum Leben haben, jeder Euro weh tun kann, den man abgeben muss. Wie würde sich also die Finanzierung eines Bedingungslosen Grundeinkommens für alle auf die Steuerhöhe in Deutschland auswirken?
Die Antwort dürfte manche überraschen. Auch wenn es widersprüchlich erscheint: Ein Grundeinkommen wäre trotz einer Finanzierung über Steuererhöhungen effektiv eine noch nie dagewesene Steuererleichterung für unser Land. Denn die allermeisten Menschen würden so viel Grundeinkommen erhalten, dass sie trotz der höheren Steuersätze unterm Strich weniger Steuern zahlen würden als heute.
Wenn du genauer verstehen willst, wie der grundlegende Steuerausgleich der Grundeinkommens-Finanzierung funktioniert, findest du die anschauliche Erklärung hier.
Der Sozialstaat wird schlanker
“Der Staat gibt unsere Steuergelder mit vollen Händen aus.” Solche wütenden Sätze hat wohl jeder schon mal in seinem Umfeld gehört.
Die Ängste vor einem ineffektiven Sozialstaat sind groß: Unnötige Bürokratie, langwierige Prozesse und Prüfungen, ungenaue Verteilung von Geldern, Stigmatisierung von Bedürftigen…. die Liste der Bedenken ist lang und vielfältig.
Zum Glück würden sich viele dieser Bedenken mit der Einführung eines realistisch finanzierbaren Grundeinkommens erübrigen. Denn: Mit einem Grundeinkommen würden Verwaltungskosten von bis zu 7,4 Mrd. Euro wegfallen.
Mit dem Ende von Bedürftigkeitsprüfungen und der Einführung einer bedingungslosen Zahlung könnte sich aber eine andere Angst noch verstärken: Viele befürchten heute schon, dass auch Wohlhabende finanzielle Unterstützung empfangen könnten, die sie gar nicht brauchen.
Was dabei vergessen wird: Der Finanzierungsweg selbst stellt sicher, dass das Geld bei denen ankommt, die es auch benötigen. Ihre Bedürftigkeit wird also nicht mehr geprüft, sondern steckt im System – zielgenau und ohne Verwaltungsaufwand.
Arbeit lohnt sich wieder – und zwar immer
“Leistung muss sich wieder lohnen!” ist leicht gesagt, wenn Erwerbsarbeit zunehmend entwertet wird und sich prekäre Beschäftigungsverhältnisse und temporäre Sozialleistungen für viele als Sackgasse entpuppen.
Während sich Arbeit heute vor allem für die Empfänger*innen von Sozialleistungen, für Menschen im Niedriglohnsektor oder geringfügig Beschäftigte finanziell oft kaum lohnt, würde das mit einem Grundeinkommen anders aussehen. Alle erhalten es.
Dadurch wäre erstmals sichergestellt, dass alle, die zusätzlich zum Grundeinkommen einer Erwerbsarbeit nachgehen, mit ihrem Erwerbseinkommen plus Grundeinkommen immer mehr Geld zur Verfügung haben als diejenigen, die "nur" ein Grundeinkommen bekommen.
Die Konjunktur wird angekurbelt
Einkommensungleichheit ist Gift für die Konsumnachfrage und damit letztendlich auch für das Wirtschaftswachstum. Das stimmt generell – aber verstärkt in Krisenzeiten. Einfach gesprochen heißt das: Wer sein Geld zum Überleben braucht, konsumiert nur noch das Nötigste.
Mit der Einführung eines finanzierbaren Grundeinkommens würde die Konsumnachfrage um 12 % steigen, weil gerade die Menschen mehr Geld hätten, die es auch wirklich ausgeben.
Finanzielle Abhängigkeiten sinken
Ein grundlegendes Versprechen des Bedingungslosen Grundeinkommens ist es, Menschen aus finanziellen Abhängigkeiten zu befreien. Das können einerseits Jobs sein, in denen wir aus Gründen der Absicherung verweilen müssen, obwohl wir eigentlich eine ganz andere Arbeit bevorzugen würden.
Andererseits meint das aber auch Abhängigkeitsverhältnisse zu nahestehenden Personen. Besonders häufig betrifft das Frauen. Sie sind eher armutsgefährdet als Männer. Die Einkommenslücke aller Frauen von der Hausfrau über die Berufstätige bis zur Rentnerin beträgt im Schnitt 61 % gegenüber allen Männern. Schon allein dadurch sind sie abhängiger von ihnen.
Mit der Einführung eines realistisch finanzierbaren Grundeinkommens würde sich der Einkommensabstand zwischen Männern und Frauen um fast die Hälfte reduzieren und könnte diese Abhängigkeiten so erheblich reduzieren.
Auch 92 % aller Rentner*innen profitieren
Unsere Gesellschaft wird immer älter und die soziale Ungleichheit nimmt zu. Da liegt die Angst vor Altersarmut nahe: Rund die Hälfte der Bürger*innen hat Sorge, für den Ruhestand nicht ausreichend abgesichert zu sein.
Die Einführung eines Grundeinkommens für alle könnte auch hier Abhilfe schaffen: 92 % der Rentner*innen hätten mehr Geld in der Tasche als heute. Altersarmut wäre in ihrer heutigen Form nicht mehr möglich.
Die Mittelschicht wächst wieder
Zählst du dich selbst zur Mittelschicht? Dann bist du in guter Gesellschaft. 80 % der Deutschen tun das – obwohl die Mittelschicht tatsächlich viel kleiner ist.
Die Gründe, dazugehören zu wollen, liegen auf der Hand: Die Mittelschicht wird gemeinhin als Grundpfeiler unserer Gesellschaft gesehen. Sie gilt als der solide Durchschnitt, der unsere Wirtschaft am Laufen hält und die Stabilität unserer Demokratie garantiert.
Entsprechend besorgniserregend ist es, dass die Mittelschicht zunehmend schrumpft. Tatsächlich gehören – entgegen der falschen Selbsteinschätzung – mittlerweile nur noch 56 % der Deutschen dazu. Grund dafür sind sozialer Abstieg an ihrem unteren und Aufstieg an ihrem oberen Rand. Das Wachstum der Ränder sorgt also dafür, dass wir als Gesellschaft unsere Mitte verlieren.
Mit der Einführung eines realistisch finanzierbaren Grundeinkommens könnte diese Entwicklung gestoppt werden. So würde die Mittelschicht wieder auf 74 % anwachsen und unsere Gesellschaft nachhaltig stabilisieren.
Ein Finanzierungsweg von vielen
Die Berechnungen des DIW zeigen, dass die Einführung eines Bedingungslosen Grundeinkommens für alle unserer Gesellschaft in verschiedenster Form zu Gute kommen würde.
Dies ist aber nur einer von vielen möglichen Wegen, das Grundeinkommen realistisch zu finanzieren. Wenn wir den bestmöglichen Weg wählen wollen, müssen wir auch darüber sprechen, welche gesellschaftlichen Herausforderungen wir “nebenbei” in den Blick nehmen wollen. Welche Wege das sein könnten und was für oder gegen sie spricht, haben wir hier zusammengetragen – inklusive einer Abstimmung, in der du entscheiden kannst, für welchen Weg du dich aussprichst.
Mit welchem Finanzierungsweg wollen wir als Gesellschaft ein Bedingungsloses Grundeinkommen ermöglichen? Stimme jetzt ab!
Was denkst du? Decken sich die Erkenntnisse der Wissenschaft mit dem, was du dir von einem real finanzierbaren Grundeinkommen erhoffst? Welche Auswirkungen haben dich überrascht? Und welche fehlen dir? Auf unserer Finanzierungsseite kannst du herausfinden, was ein realistisches Grundeinkommen für dich persönlich bedeuten würde. Oder entdecke alle Magazinartikel zur “Finanzierung des Grundeinkommens” auf unserer Themenseite. Wir freuen uns auch über deine Meinung hier in den Kommentaren!
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