Ist ein Bedingungsloses Grundeinkommen für alle finanzierbar? Ja, ist es! Das hat das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) bewiesen. Jetzt, wo die eine Frage beantwortet ist, stellt sich gleich die nächste: Welchen der vielen möglichen Finanzierungswege hätten wir denn gern? Die Antwort darauf kann die Forschung nicht geben – sondern nur wir alle gemeinsam. Weil sie uns alle betrifft.
Welches Modell wir zur Finanzierung des Grundeinkommens wählen werden, entscheidet nämlich nicht nur darüber, wer mehr oder weniger zur Gesamtsumme beiträgt – sondern auch, welche der großen gesellschaftlichen Krisen wir "ganz nebenbei" dadurch angehen wollen.
Klingt nach viel Verantwortung für uns alle – und das ist es auch. Damit die Aufgabe machbar bleibt, haben wir aus der fast unendlichen Zahl der Finanzierungswege vier Modelle herausgearbeitet, die einen genaueren Blick lohnen.
Dreiviertel des Geldes sind längst da
Die gute Nachricht zuerst: Die Berechnungen des DIW zeigen, dass über 75 % der Gelder, die für die Finanzierung eines Bedingungslosen Grundeinkommens für alle nötig werden, schon längst da sind. Von den 1.105 Milliarden Euro, die es jährlich kostet, würden sich drei Viertel refinanzieren, ohne dass es reale Steuererhöhungen braucht. Das geschieht durch einen zielgenauen Steuerausgleich.
Aber wie bezahlen wir den Rest? Um die Finanzierungslücke von 25 % zu schließen, können wir uns zwischen mehreren finanzpolitischen Werkzeugen entscheiden. Welche wir wählen, kommt darauf, welchen drängenden gesellschaftlichen Problemen wir uns gleichzeitig annehmen wollen.
Wollen wir beispielsweise die soziale Ungleichheit bekämpfen durch eine Vermögenssteuer? Oder eher das Klima retten mit einer starken CO2-Steuer? Oder die ausufernde Börsenspekulation ins Visier nehmen mit einer Finanztransaktionssteuer? Oder ein bisschen von allen diesen Werkzeugen?
Grundeinkommen einfach selbst bauen
Dank unseres neuen Grundeinkommens-Konfigurators, der auf den Berechnungen des DIW beruht, ist es zum allerersten Mal möglich, alle möglichen Finanzierungsansätze auszuprobieren – und Steuermixe mit ganz unterschiedlicher Wirkung auf die gesellschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit durchzurechnen. Probiere den Konfigurator am Besten selbst aus:
Drei Dinge werden dir dabei auffallen: Nicht jeder mögliche Finanzierungsweg schafft es, die nötige Gesamtsumme für ein Bedingungsloses Grundeinkommen für alle zu generieren, bei manchen bleibt die Finanzierungslücke teilweise offen. Nicht jeder Finanzierungsweg hat auch einen gewünschten Effekt auf eine der gesellschaftlichen Krisen. Und nicht jeder Finanzierungsweg ist auch realistisch umsetzbar.
Es gibt aber Finanzierungswege, die alles können: Sie schließen die Finanzierungslücke, sind ausgewogener als andere, wirken gesellschaftlich positiv – und wären politisch tatsächlich umsetzbar! Hier stellen wir dir vier Modelle vor, die wir besonders vielversprechend finden.
Vorweg: Für alle diese vier Modelle gelten die vier folgenden Grundannahmen. Andere Details sind von Modell zu Modell verschieden:
Alle vier Modelle finanzieren ein Grundeinkommen in Höhe von 1.200 Euro für Erwachsene und 600 Euro für Minderjährige.
Sie alle sparen Sozialleistungen im Wert von 134 Mrd. Euro ein.
Diverse Steuerprivilegien werden mit ihrer Einführung abgeschafft.
Sie alle sehen eine effizientere Steuerverwaltung vor und minimieren Steuerbetrug
Ist das der einfachste Weg? Eine Variante der Grundeinkommensfinanzierung wäre es, eine einstufige Einkommenssteuer auf 55 % anzusetzen und auf alle anderen Steuererhöhungen zu verzichten. 78 % der Menschen hätten so mehr Geld zur Verfügung und ihr Nettoeinkommen würde sich um durchschnittlich 51 % erhöhen.
Kritisch an diesem Modell könnte aber die starke Belastung von Erwerbseinkommen gesehen werden - da es nicht bei den Vermögensverhältnissen ansetzt, obwohl diese viel ungleicher verteilt sind als die Einkommen.
Für viele ist die Klimakrise das alles entscheidende Thema unserer Zeit. Den richtigen Hebel für die Lösung dieser Herausforderung scheinen wir immer noch nicht gefunden zu haben. Oder zumindest ihn nicht betätigen zu wollen. Zu groß erscheinen die Gefahren für Wohlstand und finanzielle Absicherung zu sein, als dass wir gewillt wären, radikalere Schutzmaßnahmen einzuführen. Das Bedingungslose Grundeinkommen als Werkzeug der Existenzsicherung könnte dieses Dilemma aushebeln.
Denn einer der größten Fallstricke bei der Bewältigung der Klimakrise ist es, die dafür nötigen Transformationen sozialverträglich zu gestalten. Wie bei allen anderen Krisen auch, sind sonst finanziell schlechter gestellte Menschen die Leidtragenden. Das Bedingungslose Grundeinkommen ist ein Weg, um diese Klimagerechtigkeit sicherzustellen.
Eine Erhöhung der CO2-Steuer von heute 40 auf 550 € wäre ohne ein Grundeinkommen undenkbar. Zwar wäre sie ökologisch sinnvoll aber sozial eine Katastrophe. In Kombination mit einem Grundeinkommen aber, wird die hohe CO2-Steuer plötzlich sozial gerecht. Menschen mit niedrigerem Einkommen kriegen nämlich mehr Grundeinkommen als sie mehr an Steuern zahlen müssen. Wenn sie nachhaltig konsumieren – was sie sich nun auch leisten können – profitieren sie finanziell noch stärker.
Mit diesem Modell würden etwa 77 % der Bevölkerung nach der Einführung des Bedingungslosen Grundeinkommens finanziell besser dastehen.
Da aber gerade die Vermögen in Deutschland sehr ungleich verteilt sind, könnte man bei der Finanzierung des Grundeinkommens auch explizit dort ansetzen. Dabei könnte auf einen Mix aus Finanztransaktionssteuer, Vermögensteuer (2,3 % ab 1 Mio Euro) und Unternehmenssteuer (Von 30 auf 35 %) gesetzt werden.
Gründe für diesen Weg gäbe es viele. Mit einerFinanztransaktionssteuer könnte risikioreiche Spekulation eingedämmt werden, eine Vermögenssteuer würde gegen die erhebliche Vermögensungleichheit vorgehen (und nur die wohlhabendsten 2,27 % der Bevölkerung berühren) und eine um 5% angehobene Unternehmenssteuer würde gegen das Anhäufen von Reichtum undAbschöpfen von Unternehmensgewinnen vorgehen. Generell gesprochen könnte so ein Teil von vorher gebundenem Vermögen wieder zirkulieren.
Weil das allermeiste Vermögen bei nur sehr wenigen Leuten liegt, würden in so einem Modell mit 88 % besonders viele Personen in Deutschland finanziell profitieren. Ihr Nettoeinkommen würde durchschnittlich um etwa 47 % ansteigen.
Ein ausgeglichenes Modell, das Kernelemente der anderen drei Modelle in etwas abgeschwächter Form vereint. Damit ist es nicht so stark auf die Lösung einer bestimmten Krise ausgerichtet, aber gleichzeitig auch etwas weniger einschneidend.
Die Vermögensteuer wäre genauso hoch wie zu ihrem Ende im Jahr 1997 und würde sich nur auf die wohlhabendsten 2 % der Bevölkerung auswirken.
Mit diesem Modell würden 83 % der Menschen in Deutschland mehr Geld zur Verfügung haben. Und ihr Nettoeinkommen würde um durchschnittlich 47 % ansteigen.
Welches Modell überzeugt dich?
Die Mehrheit der Deutschen will ein Bedingungsloses Grundeinkommen, hat das DIW erst kürzlich erneut erhoben. Jetzt, da auch die Frage der Finanzierbarkeit endlich geklärt ist, ist es an der Zeit für eine offene Debatte darüber, welche Art der Finanzierung wir alle wollen.
Den Anfang haben wir am 23. September beim "Kongress der Gesellschaft" gemacht. Dort haben wir mit euch und einigen der schlausten Köpfe unseres Landes darüber diskutiert, welches Finanzierungsmodell uns am Besten dabei helfen kann, unsere Gesellschaft krisenfest und zukunftssicher zu machen.
Dafür wollten wir im Vorfeld von euch wissen: Welches der vier vorgestellten Modelle für ein Bedingungsloses Grundeinkommen überzeugt euch am meisten? Die Ergebnisse dieser Abstimmung schufen die Diskussionsgrundlage für unsere Debatte und wurden auf dem "Kongress der Gesellschaft" präsentiert. Danke an dieser Stelle für eure Stimmen!
Schon jetzt möchten wir aber von dir unbedingt wissen: Welches der vier vorgestellten Modelle für ein Bedingungsloses Grundeinkommen überzeugt dich am meisten? Stimme jetzt für deinen Favoriten ab – und schaffe so die Grundlage für unsere Debatte.
Du hast den "Kongress der Gesellschaft" in Frankfurt am Main verpasst? Kein Problem! Du kannst den ganzen Kongress hier in Ruhe nachschauen – oder auch nur seine Höhepunkte und die wichtigsten Ergebnisse für eine Zukunft mit Grundeinkommen für alle verfolgen.
Beim Kongress wurden übrigens auch die ersten Realistischen Grundeinkommen verlost. Wenn du wissen willst, was so ein "realistisches" Grundeinkommen für dich persönlich bedeuten würde, kannst du es hier jetzt sofort ausrechnen. Wenn du erst noch mehr wissen möchtest, empfehlen wir dir unsere Themenseite "Finanzierung des Grundeinkommens".
Was denkst du? Welches Finanzierungsmodell hat die positivste Wirkung auf die gesellschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit? Welches überzeugt dich nicht und warum? Schreib uns deine Meinung in die Kommentare!
356.430
Menschen haben bisher
1.947
Grundeinkommen finanziert