Krisenzeiten treffen sie besonders hart, aber auch unter „normalen“ Umständen leben Kunst- und Kulturschaffende oft prekär, haben als Freischaffende oft kaum finanzielle Sicherheiten und müssen ihren Lebensunterhalt mit wenig Geld bestreiten. Das sorgt nicht selten für enorme Belastungen, unter denen die Menschen und ihre Kunst leiden. Lässt sich das ändern?
Was wäre, wenn diese Menschen grundsätzlich abgesichert sind und wissen, dass sie weder um Obdach noch Essen bangen müssen und selbst zu Krisenzeiten ein Sicherheitsnetz haben? Was wäre, wenn Kunst- und Kulturschaffende ein Bedingungsloses Grundeinkommen erhalten? Sowohl in Irland als auch den USA wird genau das mit Grundeinkommensprojekten für Künstler*innen ausprobiert.
325 Euro für Künstler*innen in Irland
Das hierzulande wohl bekannteste Programm ist das Basic Income for the Arts (dt.: Grundeinkommen für Kunst) in Irland. Dort soll noch in diesem Jahr die Auszahlung eines Bedingungslosen Grundeinkommens an 2000 Kulturschaffende beginnen. Diese konnten sich bis 12. Mai 2022 für das Projekt bewerben und sollen in dessen Rahmen 325 Euro jede Woche erhalten.
Initiiert wurde das Programm vom irischen Kulturministerium unter der Leitung der Ministerin Catherine Martin. Sie sagte zum Start der Bewerbungsphase für das Projekt: „Diese neuen Maßnahmen sind ein Ausdruck unserer Werte als Nation - sie zeigen, dass die Stimmen der Künstler*innen gehört wurden und dass Kunst wichtig ist. Es ist eine einzigartige Gelegenheit den Einfluss von Bedingungslosem Grundeinkommen auf die Kunst zu untersuchen und eine Datengrundlage für eine dauerhafte Unterstützung zu schaffen.“
Über 9.000 Menschen hatten sich für den Grundeinkommensversuch beworben. Sie mussten dafür nachweisen, dass sie ihren Lebensunterhalt oder zumindest einen großen Teil davon mit einer künstlerischen Tätigkeit oder einer im Kulturbereich bestreiten. Nach Prüfung der Unterlagen wurden die Teilnehmer*innen per Zufall aus dem Pool der berechtigten Bewerber*innen ausgewählt.
Angedacht ist für das Programm eine Laufzeit von drei Jahren, heißt von 2022 bis 2025 erhalten die ausgewählten Teilnehmenden etwa 1.300 Euro monatliches Grundeinkommen (abhängig von der Länge des Monats), das in diesem Fall als sozialversicherungspflichtiges Einkommen behandelt wird.
BGE gegen Rassismus und Ungleichheit im Kunstsektor?
Doch es gibt auch schon Projekte zum Bedingungslosen Grundeinkommen für Kulturschaffende, die bereits angelaufen sind. In San Francisco in den USA zum Beispiel erhalten 130 Künstler*innen seit Mai 2021 für 18 Monate 1.000 Dollar monatlich. Das Projekt „San Francisco Guaranteed Income Pilot for Artists“ (dt.: San Francisco Garantiertes Einkommen Pilot für Künstler*innen, kurz: SF-GIPA) wird organisiert von Institutionen der Stadt San Francisco und dem Yerba Buena Center for the Arts. Außerdem wird es finanziell unterstützt von der Stiftung des Twitter-Gründers Jack Dorsey.
Das SF-GIPA nimmt dabei neben finanzieller Sicherheit für von der Pandemie besonders getroffenen Kulturschaffende auch Rassismus und Ungleichheit im Kunstsektor in den Fokus seiner Untersuchungen. Das Projekt stellt die Frage: Kann ein Grundeinkommen dabei helfen nachhaltig stabile wirtschaftliche Strukturen zu schaffen, insbesondere für Künstler*innen aus marginalisierten Gruppen wie beispielsweise Schwarze, Lateinamerikanische oder queere Gemeinschaften?
Choreografin Marika Brussel ist eine der Teilnehmer*innen des Projekts und sagt: „Als Tänzerin ist es wirklich schwer ohne Proberaum in Form zu bleiben. Ich war noch nie so viel verletzt wie während der Pandemie. Aber Zahlungspläne und Kostenübernahmen der Krankenversicherungen und Behandlungen sind oft nicht für Künstler*innen gemacht.“ Das Grundeinkommen habe ihr aber viel des Stresses um zu bezahlende Rechnungen und Miete für Proberäume genommen. Es gehe aber auch noch ein anderes für sie grundlegendes Problem an: „Kunst und Künstler*innen werden in Amerika wenig wertgeschätzt. Ich hoffe, dass Bedingungsloses Grundeinkommen einen Teil dazu beiträgt, das zu ändern.“
Der bildende Künstler und Projektteilnehmer Chris Watts spricht noch einen weiteren Effekt an: „Ich habe so lange von so wenig überlebt. Aber jetzt will ich nicht mehr nur überleben, sondern aufblühen. Die Menschen waren so lange aus einem Überlebenskampf heraus kreativ. Und jetzt stellt euch vor, welche Ideen entstehen, wenn sie nicht mehr kämpfen müssen und sich nicht mehr darum sorgen müssen, wo das nächste Geld herkommt.“
Sicherheit für 2.700 Kunstschaffende in New York
Doch das bisher wohl größte Grundeinkommens-Projekt für Kunstschaffende wird das Creatives Rebuild New York (dt.: Wiederaufbau Kreativer New York). Im Rahmen dieses Programms sollen ab Sommer 2022 2.400 lokale Künstler*innen aus den US-Bundesstaat New York über 18 Monate 1.000 Dollar monatlich erhalten. Zusätzlich sollen 300 Künstler*innen über zwei Jahre in Gemeindeprojekten zu einem Jahresgehalt von 65.000 Dollar angestellt werden.
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Wie dringend auch in den USA mindestens die Erprobung neuer Sozialsysteme ist, zeigen die Bewerber*innenzahlen in San Francisco und New York. Während sich für das Projekt in San Francisco 2.400 Menschen beworben, waren es in New York 22.000 Künstler*innen.
Wir sind gespannt auf die Ergebnisse der Projekte und werden sie natürlich mit unserer Crowd teilen.
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Grundeinkommen finanziert