Bislang steht das Bedingungslose Grundeinkommen bei keiner Bundestagspartei im Programm. Das könnte sich bald ändern: Die Grünen stimmen im November ab, ob es das Grundeinkommen in ihr Grundsatzprogramm schafft. Die Linke könnte demnächst per Mitgliederentscheid übers Parteiprogramm nachziehen. Wir haben mit beiden Parteien gesprochen.
UPDATE am 04.01.2021: Der Parteitag der Grünen hat das Bedingungslose Grundeinkommen Ende November ins Grundsatzprogramm der Partei aufgenommen. Etwa 62% der Delegierten stimmten für den Antrag. Der Parteitag der Linken wurde letztlich wegen der Corona-Pandemie abgesagt. Er soll jetzt Ende Februar stattfinden.
In der Coronakrise ist die Haltung der Deutschen zum Grundeinkommen endgültig gekippt: Schon im März dieses Jahres sprach sich eine knappe Mehrheit von 53,2 Prozent für ein befristetes Grundeinkommen aus.
In den Programmen der großen Parteien schlägt sich die Überzeugung der Wähler*innen indes noch nicht nieder. Keine der im Bundestag vertretenen Parteien fordert ein Bedingungsloses Grundeinkommen. Noch nicht. Bei den Grünen und bei der Linken könnte sich das recht bald ändern. Was tut sich da?
Vom Parteitag direkt ins grüne Grundsatzprogramm?
Innerhalb der Grünen hat sich das Netzwerk Grünes Grundeinkommen formiert, das sich parteiintern, aber auch darüber hinaus für ein Grundeinkommen engagiert. "Aktuell möchten wir das Grundeinkommen in das Grundsatzprogramm von Bündnis90/Die Grünen bekommen", sagt Baukje Dobberstein, Ärztin, Psychotherapeutin und Teil des Netzwerks.
Das jetzige System der Mindestsicherung, so Dobberstein, reiche nicht aus für eine stabile finanzielle Basis für alle Menschen. "Weil es ausgrenzt, stigmatisiert, die Freiheit einschränkt, nicht vor Armut schützt und viel zu viele Menschen durch das Netz durchfallen", begründet die Grünen-Vertreterin ihr Engagement für ein Grundeinkommen als gute Alternative.
Mit einer Aufnahme ins Grundsatzprogramm der Partei wäre das Grundeinkommen in die Ziele für die nächsten 20 Jahre integriert. "Damit hat die Partei den langfristigen Arbeitsauftrag, unser soziales Sicherungssystem zu modernisieren und das Grundeinkommen als einen Teil davon umzusetzen.", so Dobberstein. Der Parteitag, auf dem darüber entschieden werden soll, findet bereits vom 20. bis 22. November statt.
Auf ein konkretes Grundeinkommensmodell legen sich die Vertreter*innen von Grünes Grundeinkommen dabei jedoch noch nicht fest. "Das Grundeinkommen soll allen Mitgliedern der Gesellschaft individuell zustehen und ohne eine Bedürftigkeitsprüfung oder Gegenleistung ausbezahlt werden. Die Höhe des Grundeinkommens muss existenzsichernd sein und gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen."
Wie hoch die Zustimmung für das Grundeinkommen in den Reihen der Grünen ausfällt? "Das werden wir beim Parteitag sehen", sagt Dobberstein und hofft bis dahin auf weitere Öffentlichkeit für das Anliegen und Unterstützung aus der Partei.
Bekommt die Linke einen Mitgliederentscheid?
Bei den Linken gibt es sogar eine konkrete Initiative für einen Mitgliederentscheid auf Bundesebene zum Bedingungslosen Grundeinkommen. Mehr als 3.000 Unterschriften hat die Bundesarbeitsgemeinschaft Grundeinkommen (BAG) in der Partei für diesen Mitgliederentscheid gesammelt.
"Ein basisdemokratischer Mitgliederentscheid wäre unserer Auffassung nach der angemessenste Weg, über eines der wichtigsten Zukunftsthemen unserer Zeit zu entscheiden", sagen Michaela Kerstan und Stefan Wolf, die für die BAG sprechen.
Eigentlich sollte der Antrag auf dem Bundesparteitag in Erfurt übernächstes Wochenende eingebracht werden. Wäre er dort angenommen worden, hätte der Mitgliederentscheid nach der Bundestagswahl im nächsten Jahr stattfinden können. Wegen der steigenden Corona-Infektionszahlen steht gerade allerdings in Frage, wie und in welchem Umfang der Parteitag überhaupt stattfinden kann.
Die Coronakrise ist auch einer der Gründe, warum der Mitgliederentscheid so oder so erst nach der Bundestagswahl stattfinden würde, obwohl manche Beobachter der Partei höhere Erfolgschancen mit einem Bedingungslosen Grundeinkommen im Wahlprogramm vorhersagen.
"Wir wollen, dass sich die Mehrheit unserer Mitglieder bewusst und gut informiert für ein linkes Bedingungsloses Grundeinkommen ausspricht", begründen Kerstan und Wolf. Während der Kontaktbeschränkungen sei die innerparteiliche Meinungsbildung aber schwierig gewesen.
Noch viele Fragezeichen
Noch ist also offen, ob das Grundeinkommen wirklich demnächst bei Grünen und Linken auf die Agenda kommt. In der Zwischenzeit möchten wir herausfinden, wie wichtig das Bedingungslose Grundeinkommen eigentlich als politische Forderung ist.
In dieser kurzen Umfrage bitten wir dich einzuschätzen, bei welcher Partei du dein Kreuz bei der Bundestagswahl machen möchtest – und ob das Grundeinkommen im Wahlpropgramm eine Rolle bei deiner Wahlentscheidung spielen würde.
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