Ihr habt uns gefragt, warum die nächste Verlosung erst Ende November stattfindet. Als Informatiker koordiniert Steven das IT-Team von Mein Grundeinkommen und verantwortet den Entwicklungsprozess unserer neuen Website. In diesem Interview erklärt er, warum wir gerade seltener verlosen und wie es mit der Website vorangeht.
Wie bist du zu Mein Grundeinkommen gekommen?
Steven: Ich habe mich neben meinem Studium mit dem Bedingungslosen Grundeinkommen auseinandergesetzt und eine Kooperation mit Mein Grundeinkommen initiiert. Gemeinsam mit Kommiliton*innen ist die Idee entstanden, das Crowdfunding zu unterstützen. Dabei habe ich mitbekommen, dass bei Mein Grundeinkommen Informatiker gesucht wurden. Da ich gerade auf der Suche nach einer neuen Stelle war, in der mein ausgeprägter Idealismus und der Wunsch nach einer gerechteren Gesellschaft mindestens ebenso wichtig sind wie meine Fachkenntnisse, war ich natürlich total interessiert. Und es hat geklappt!
Was ist deine Rolle im Team?
Steven: Vor ungefähr zwei Monaten habe ich die Koordination unseres kleinen IT-Teams und die Verantwortung für den Relaunch der Website übernommen. Ich habe die Anforderungen im Blick, priorisiere, was wann und in welchem Umfang fertig sein muss und programmiere auch selbst. Ich stehe im ständigen Austausch mit meinen Kolleginnen Marcella und Sarah vom Support, um zu erfahren, was der Crowd wichtig ist und behebe kleine Fehler, die an uns herangetragen werden.
Viele meiner Aufgaben sind zur Zeit aber gar nicht technisch: seit drei Wochen haben wir zwei neue Entwickler*innen im Team. Ich kümmere mich darum, dass sie alle Informationen bekommen und den Rücken frei haben, um für den Relaunch programmieren und in das Team hineinwachsen zu können. Nebenbei laufen noch Bewerbungsgespräche mit potenziellen neuen Grundeinkommensinformatiker*innen.
Welche Herausforderungen musstest du meistern, seitdem du angefangen hast?
Steven: Als ich vor einem halben Jahr bei Mein Grundeinkommen angefangen habe, bin ich in einem menschlich und politisch unglaublich inspirierendem Team gelandet. Der Ehrgeiz war sehr groß. Es wurden viele Überstunden gemacht, um das Projekt nach vorne zu bringen und Grundeinkommen zu verlosen. Die IT-Abteilung war aber zu der Zeit nicht gut organisiert und und es gab intern verschiedene technische und kommunikative Probleme.
Jede Verlosung bedeutete Nachtschichten, weil immer wieder Fehler auftraten. Dadurch hatte sich viel Frust aufgestaut. Nachdem ich ein paar Vorschläge gemacht habe, wie wir die Situation verbessern können, haben mir meine Kolleg*innen ziemlich schnell viel Vertrauen entgegengebracht. Ich habe dann weitere Prozesse und Technologien in Frage gestellt und Lösungen entwickelt. Das hat schon mal Entlastung ins Team gebracht.
Durch die vielen Verlosungen sind wir aber nicht aus dem Hamsterrad gekommen. Die Erleichterung kam erst, als wir beschlossen haben, die Verlosungen in größerem Abstand zu organisieren und so Freiraum zu schaffen, wirklich nachhaltige Lösungen zu finden.
Warum genau verlost ihr jetzt seltener?
Steven: Es stimmt, dass wir gerade seltener verlosen als im letzten Jahr. Gleichzeitig verlosen wir aber auch viel mehr Grundeinkommen.
Die Verlosungsvorbereitungen, also z.B. die Vergabe der Losnummern und die Beantwortung von täglich hunderten Supportanfragen und das Lösen damit verbundener Bugs sind technisch und organisatorisch relativ zeitintensiv. Je häufiger wir Verlosungen machen, desto weniger Zeit haben wir, die neue Website zu entwickeln. Diese wird es uns dann ermöglichen, einfacher, zuverlässiger und häufiger zu verlosen. Daher haben wir uns als Team bewusst dafür entschieden, die Entwicklung der neuen Plattform zu priorisieren. Ganz wichtig: Es finden trotzdem weiterhin Verlosungen statt , nur nicht im ursprünglich angestrebten Takt von 4-6 Wochen.
Warum dauert es so lange, die neue Website zu programmieren?
Steven: Zur Zeit haben wir fast 350.000 Nutzer*innen, mit denen wir viele weitere Grundeinkommen sammeln und verlosen wollen. Tendenz steigend! Diese Zahl ist ein riesiger Erfolg für unser Projekt und für das gesamte Thema Grundeinkommen. Als der Gründer von Mein Grundeinkommen, Michael Bohmeyer, vor über zwei Jahren die jetzige Kampagnenwebsite entwickelt hat, konnte er nicht ahnen, dass das Projekt so groß werden würde.
Schon jetzt hat www.mein-grundeinkommen.de einige komplexe Funktionen, die es von einer normalen Website unterscheiden. Ich persönlich spreche deshalb mittlerweile lieber von einer “Plattform” als von einer Website, weil das der Dimension unserer Arbeit eher gerecht wird. Die neue Version wird noch mehr Funktionen haben, vor allem eine schnelle, zuverlässige und übersichtliche Anmeldung zu den Verlosungen. Das entwickeln wir alles neu, das gibt es in dieser Form noch nicht.
Warum der Relaunch länger dauert, als wir gehofft hatten, liegt auch daran, dass wir selbst den Aufwand von Anfang an total unterschätzt haben und einige Probleme hatten, das Projekt “neue Website” richtig zu organisieren. Wir haben aber aus unseren Fehlern gelernt und sind jetzt auf einem guten Weg.
Gibt es etwas, was du der Crowd von Mein Grundeinkommen unbedingt sagen möchtest?
Steven: Die Crowd ist, neben dem Team und dem Thema Grundeinkommen, die größte Quelle der Motivation für meine Arbeit. Wenn jemand unter unseren Unterstützer*innen frustriert ist, dann frustriert und ärgert mich das mindestens genau so. An solchen Tagen wünschte ich auch, ich könnte einfach ohne Schlaf weiter am Relaunch arbeiten. Ich bin immer wieder überwältigt von der Unterstützung, die wir als Team und als Projekt von unserer Crowd erfahren. Ich bin dafür sehr dankbar.
Was macht dir besonders viel Spaß an deinem Job?
Steven: Das Tollste ist, dass mein Job sich nicht nach Arbeit anfühlt. Was ich tue, scheint mir sinnvoll: Ich sehe, dass es dazu beiträgt, unsere Vision einer gerechteren Gesellschaft zu verwirklichen. Außerdem ist es unglaublich gut, immer wieder zu sehen, dass sich viel mehr Menschen, als man manchmal im Alltag denkt, eine freiere und gleichzeitig solidarische Gesellschaft wünschen. Unsere Kampagne macht meiner Meinung nach einen Teil des Weges dorthin frei.