Bald ist es so weit. Am 24. September haben wir die Möglichkeit, unsere Stimme für die Bundestagswahl abzugeben. Doch wie stehen eigentlich die Parteien in Deutschland zu einem Grundeinkommen? Wir haben die Wahlprogramme für euch gecheckt.
Seit der letzten Bundestagswahl hat sich mit Blick auf das Thema Grundeinkommen (BGE) viel getan: Wir haben mit über 100 Gewinner*innen und ihren Geschichten die deutsche Debatte aufgemischt, in der Schweiz wurde darüber abgestimmt, in Finnland ist ein Experiment im Gange und nun will selbst die Landesregierung in Schleswig-Holstein nachziehen. Das ist auch an den Parteien nicht spurlos vorbeigegangen. Inzwischen rühmen sich die meisten von ihnen mit eigenen Arbeitskreisen zum Thema Grundeinkommen. Auch an parteipolitischen Konzepten und Veranstaltungen zu diesem Thema fehlt es nicht.
Doch welche Parteien meinen es jetzt schon ernst und haben Grundeinkommen in ihr Wahlprogramm aufgenommen?
Zurückhaltung bei den etablierten Parteien
Von den im Bundestag vertretenen Parteien (derzeit sind es CDU/CSU, SPD, Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke) kann sich bisher keine dazu durchringen, klar Position für ein Grundeinkommen zu beziehen. Während die CDU/CSU sich explizit dagegen ausspricht, knüpft die SPD immerhin an einige Denkansätze an. Zwar gibt sie offiziell bekannt “sie lehne ein bedingungsloses Grundeinkommen ab”, hat jedoch die Idee eines Chancenkontos ins Spiel gebracht. Dabei soll jede*r Arbeitnehmer*in ein Konto mit bis zu 20.000 Euro erhalten, um Weiterbildungen, Auszeiten etc. zu finanzieren. Allerdings ist hier der Rahmen für die Verwendung des Geldes klar abgesteckt und somit kann von Bedingungslosigkeit keine Rede sein.
Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke geben im Wahl-O-Mat an, dem Bedingungslosen Grundeinkommen “neutral” gegenüber zu stehen, sprechen sich jedoch für eine stärkere Auseinandersetzung aus:
Die Grünen plädieren dafür, Grundeinkommen in einem Modellprojekt zu erproben und Erfahrungen aus anderen Ländern zu berücksichtigen.
Die Linke möchte eine Enquete-Kommission zum Grundeinkommen im Deutschen Bundestag durchsetzen. Außerdem wollen sie, dass bedürftige Menschen statt Hartz IV eine Mindestsicherung ohne Sanktionen in Höhe von 1050 Euro monatlich erhalten.
Die Ein-Themen-Partei Bündnis Grundeinkommen
Wer möchte, kann dieses Jahr zum ersten Mal ihre*seine Stimme nur dem Grundeinkommen geben. Das Bündnis Grundeinkommen ist eine Ein-Themen-Partei mit dem Ziel, Grundeinkommen in Deutschland einzuführen. Ihren ersten Erfolg können sie bereits verzeichnen: Am 24. September wird das Thema auf 60 Millionen Wahlzetteln stehen.
Sie fordern ein Grundeinkommen ohne Bedürftigkeitsprüfung und ohne Zwang zur Arbeit oder andere Gegenleistungen. Es soll jedem Menschen unabhängig vom sonstigen Einkommen zustehen.
Von der Idee überzeugt
Von der Idee des Bedingungslosen Grundeinkommens sind insbesondere kleinere Parteien überzeugt. Als besondere Verfechterin gilt die Piratenpartei. Auch sie möchte eine Enquete-Kommission einsetzen. Allerdings mit dem konkreten Auftrag, direkt in der nächsten Legislaturperiode die Grundlagen für eine Einführung zu erarbeiten. Anschließend soll eine Volksabstimmung erfolgen. Des Weiteren setzen sich die Tierschutzpartei, SGP, Bergpartei, DiB, du., Menschliche Welt, Die Humanisten und die V-Partei³ dafür ein.
Anmerkung der Redaktion: Wir haben den Satz, dass die V-Partei³ rechtsesoterischen Akteuren nahesteht, gelöscht. Diese Information bezog sich insbesondere auf einen mittlerweile zurückgetretenen stellvertretenden Bundesvorsitzenden der Partei und ausdrücklich nicht auf das aktuelle Parteiprogramm.
Auch die rechtspopulistischen bis rechtsextremen Parteien Die Rechte, Deutsche Mitte und Ab Jetzt… Demokratie durch Volksabstimmung versuchen mit dem Thema zu punkten.
Erheitert hat uns hingegen die Begründung der Satirepartei DIE PARTEI, warum sie sich im Wahl-O-Mat für ein Bedingungsloses Grundeinkommen ausspricht: “Seit gut drei Jahren prüft der EU-Abgeordnete der PARTEI Martin Sonneborn in Brüssel das bedingungslose Grundeinkommen auf Herz und Nieren - und hat bisher tatsächlich noch keinen einzigen Nachteil entdecken können.”
Klar dagegen
Selbstverständlich rufen revolutionäre Ideen auch immer Gegner*innen auf den Plan.
So setzt sich die FDP für ein liberales Bürgergeld ein, macht aber deutlich, dass sie gegen ein Bedingungsloses Grundeinkommen ist. “Wir wollen das Bürgergeld nicht bedingungslos auszahlen, sondern mit einem klaren Anreiz zum Arbeiten verknüpfen.”, stellt deren Generalsekretärin Nicola Beer klar.
Die AFD findet geradezu drastische Worte. Sie bezeichnet die Einführung eines Grundeinkommens gar als “Akt der Entmenschlichung”. Darüber hinaus sprechen sich noch die Parteien NPD, Freie Wähler, ÖDP, BP, PDV, BÜSo, ADD und die DKP dagegen aus.
Zahlreiche Einzelkämpfer*innen in allen Parteien
Wie ihr sehen könnt, beziehen die Parteien verschiedene Positionen und räumen dem Thema einen unterschiedlichen Stellenwert in ihren Programmen ein. Dass das Thema bedingungsloses Grundeinkommen allerdings erneut in den Wahl-O-Mat aufgenommen wurde, zeigt: Die Politik kommt nicht mehr an dem Thema vorbei, ohne Stellung zu beziehen.
Wichtig ist noch zu sagen, dass sich unsere Zusammenstellung nicht auf alle Mitglieder der jeweiligen Parteien bezieht. Es gibt zahlreiche Politiker*innen, die in ihren Parteien großartige Arbeit leisten und dort versuchen, das Thema Bedingungsloses Grundeinkommen anschlussfähig zu machen. Diese Übersicht zeigt, welche Direktkandidat*innen sich für eine Grundeinkommensgesellschaft stark machen.
Natürlich ist dies nur ein Ausschnitt aus der vielschichtigen Parteienlandschaft und ersetzt nicht die selbstständige Recherche zu weiteren Inhalten der Parteien. Wir freuen uns auf eine fleißige Wahlbeteiligung und sind gespannt, was die letzten Wochen Wahlkampf noch zu bieten haben. Selbstverständlich bleiben wir auch nach der Wahl weiterhin für euch dran.