Tobi, Mitorganisator der Utopikon-Konferenz, bei dem auch Mein Grundeinkommen vertreten ist, hat uns einen Gastbeitrag geschickt. In seinem Text regt er dazu an, Grundeinkommen als Zwischenschritt zu einer geldfreien Gesellschaft zu denken. Können wir auch ohne Tauschlogik auskommen?
Stell dir vor, es gibt Geld und keine*r benutzt es. Weil wir uns selbst organisieren können und keine externe Motivation brauchen, um nach einer freien Entfaltung unserer individuellen Talente diese gemeinwohldienlich zu schenken und zu teilen. Die Idee des Bedingungslosen Grundeinkommens ist es, Existenz-Sicherung von Lohnarbeit zu entkoppeln, damit wir wieder in einen kreativen Flow kommen und vielleicht auch, damit wir nicht mehr jegliche sinnentleerte Tätigkeit annehmen müssen.
Vor ein paar Jahren war das Thema Grundeinkommen noch kaum präsent und bei Menschen bekannt. Dank ‘Mein Grundeinkommen’ und vielen anderen inspirierenden Impulsgeber*innen diskutieren wir immer ernsthafter über die Idee, dass wir Menschen erlauben, ihre Grundbedürfnisse zu stillen, ohne sich verwerten zu müssen. Ich möchte gerne noch weitergehen und mir eine geldfreie Gesellschaft vorstellen.
Hätte vor 50 Jahren ein Mensch daran geglaubt, dass wir via Internet miteinander verbunden sind und weltumspannend miteinander audiovisuell kommunizieren können? Selbst 1995 haben Menschen aus der Szene wie beispielsweise Bill Gates noch gesagt: „Internet ist nur ein Hype.“ Und nun kannst du Dank dieses Hypes das hier lesen und mit dir zig weitere. Ich gebe meine Gedanken rein und wir können in den Austausch kommen – das ist doch großartig. Halten wir also fest: Nur, weil etwas heute nicht denkbar ist, heißt es nicht, dass es unmöglich ist, es ist einfach nur (bisher) nicht denkbar.
Geld oder Tausch sind nicht natürlich oder zwingend notwendig
Und natürlich ist die Idee einer geldfreien Gesellschaft zunächst bestimmt irritierend. Geld oder zumindest Tausch ist doch normal, notwendig und natürlich, höre ich schon die Kritiker*innen schreiben. Glücklicherweise stimmt das nicht. Wenn wir uns dem ganzen nicht aus einem ökonomischen Elfenbeinturm durch Menschen wie Adam Smith nähern, sondern durch Anthropolog*innen, die sich mit Menschen und Gemeinschaften befassen, stellen wir beispielsweise bei Caroline Humphrey von der Universität Cambridge fest:
Schlicht und einfach wurde nicht ein einziges Beispiel einer Tauschwirtschaft jemals beschrieben, ganz zu schweigen davon, dass daraus das Geld entstand; nach allen verfügbaren ethnografischen Daten hat es das nicht gegeben.
Weitere kritische Fragen wie diese kommen dann auch sehr schnell: ‘Wie sollen wir uns denn ohne Geld organisieren oder konkreter: Wer putzt dann noch die Klos?’ Die Fragen kommen mir sehr bekannt vor und erinnern stark an Argumente gegen ein Grundeinkommen. Eine relativ einfache Erkenntnis ergibt sich daraus:
Wenn wir unsere Grundbedürfnisse ohne das Diktat des Geldes nicht organisiert bekommen, scheinen wir aktuell Menschen dazu zu zwingen, dass sie uns die Klos putzen oder anderen Aufgaben übernehmen müssen, die freiwillig kein Mensch machen mag. Das zeigt klar: Unser aktuelles System beruht auf Ausbeutung und Unterdrückung, weil ich über das Geld dazu gezwungen werden kann, etwas machen zu müssen, was ich nicht möchte.
Die Tauschlogik und damit verbunden das Prinzip von Leistung und Gegenleistung zu überwinden, ist ein langer Prozess. Dennoch ist es aus meiner Perspektive notwendig dies zu tun, denn mit den Worten der Ökonomin und Aktivistin Friederike Habermann gesprochen:
„Die Motivation zur Arbeit ist nicht [mehr] vermittelt über die Vorstellung, irgendwas zu jobben, um Geld zu verdienen, damit ich mit dem Geld Bedürfnisse befriedigen kann, sondern direkt durch das individuelle Bedürfnis, etwas Sinnvolles zu tun, beizutragen zur Herstellung von Produkten, und diese zu nutzen.“
Ihr seid eingeladen:
Vom 04. - 06. November werden wir über Wege und Herausforderungen in eine geldfrei(er)e Gesellschaft in den Austausch kommen. Die Utopie-Ökonomie-Konferenz UTOPIKON findet in Berlin statt. Mit dabei sind neben Michael Bohmeyer weitere inspirierende Referent*innen wie u.a. die erwähnte Dr.in Friederike Habermann, der Postwachstumsökonom und Nachhaltigkeitsforscher Prof. Dr. Niko Paech, die Commonsaktivistin und Publizistin Silke Helfrich und noch viele mehr. Wenn du dabei sein magst, melde dich noch heute unter http://UTOPIKON.de an.