Die Fälle von Gewalt gegen Frauen steigen in Deutschland weiter an. Dabei gäbe es ein einfaches Mittel, um diesen Frauen zu helfen. In ihrer Video-Kolumne erklärt die Journalistin Mareice Kaiser dieses Mal, weshalb Geld – privat wie politisch – eine Schlüsselrolle im Kampf gegen geschlechtsspezifische Gewalt spielt.
Alle drei Minuten erlebt eine Frau oder ein Mädchen in Deutschland Gewalt. Jetzt, zu Beginn des Texts. Und dann wieder, wenn du ihn zu Ende gelesen hast. Fast jeden Tag findet ein Femizid statt – das bedeutet, eine Frau wird getötet, weil sie eine Frau ist. Damit sich das ändert, braucht es viel. Unter anderem Geld, privat und politisch.
Gerade erst ist der neue Lagebericht des BKA zu Straftaten gegenüber Frauen erschienen. Die Gewalt gegen Frauen hat zugenommen. Und zwar in jedem Bereich: Sexualisierte Gewalt stieg um 6,2 Prozent an, digitale Gewalt stieg um 25 Prozent an, Gewalt in der Partnerschaft um 5,6 Prozent und es wurden 1 Prozent mehr Frauen getötet. Im Jahr 2023 wurden 938 Mädchen und Frauen Opfer von versuchten oder vollendeten Tötungsdelikten.
Was diese erschreckenden Zahlen mit Geld zu tun haben? Anders als viele denken, geht diese geschlechtsspezifische Gewalt durch alle Schichten der Gesellschaft. Geld schützt dich nicht vor Gewalt. Aber: Wenn du kein Geld für eine eigene Wohnung hast, kannst du dich vielleicht nicht von deinem gewalttätigen Partner trennen. Vor allem, wenn es schon für Leute mit Geld schwierig ist, eine Wohnung zu finden.
Wenn das Geld knapp ist, scheint eine Trennung oft nicht möglich – selbst, wenn der Partner gewalttätig ist. Unter anderem deshalb ist es wichtig, dass Frauen Geld haben.
Wer spricht hier?
Mareice Kaiser ist Bestseller-Autorin und Journalistin. Als Arbeiterkind ohne Studium ist sie die Ausnahme in einem Beruf, in dem die allermeisten einen Uni-Abschluss haben. Mareice kämpft für eine Gesellschaft, in der wir nicht auf Glück angewiesen sind, um ein gutes, würdevolles Leben zu führen. Ihr aktuelles Buch "Wie viel" erzählt entlang acht persönlicher Porträts, wie Geld unser Leben bestimmt – und wie ungerecht es verteilt ist.
Und es ist wichtig, dass Projekte zum Schutz vor Gewalt Geld haben. Das Problem ist neben der männlichen Gewalt auch eine Politik, die Frauen nicht vor ihr schützt. Die keine Gesetze hat, die greifen. Die keine präventive Arbeit leistet – oder zu wenig.
"Wir werden das Recht auf Schutz vor Gewalt für jede Frau und ihre Kinder absichern und einen bundeseinheitlichen Rechtsrahmen für eine verlässliche Finanzierung von Frauenhäusern sicherstellen." So steht es im Koalitionsvertrag von SPD, FDP und den Grünen.
Wie es gerade bei Frauenhäusern aussieht? In Deutschland fehlen aktuell 14.000 Frauenhausplätze. Das sind 14.000 Frauen, die Schutz vor Gewalt suchen, aber keinen bekommen. Doch bisher sagte der Ex-Bundesfinanzminister Christian Lindner wohl immer: "Dafür steht kein Geld zur Verfügung." So berichtete es die Bundesfrauenministerin Lisa Paus.
Das Gewalthilfegesetz wurde erst jetzt, im November 2024 beschlossen. Erstmals soll es einen Rechtsanspruch auf kostenlosen Schutz und Beratung geben. Die Bundesländer sollen verpflichtet werden, für ausreichend Schutzräume und Beratungsstellen zu sorgen. Außerdem sollen präventive Maßnahmen ausgebaut werden.
Wir brauchen eine umfassende politische Strategie gegen geschlechtsspezifische Gewalt und ich hoffe, dass die künftige Regierung sie auch umsetzen wird. Wir brauchen genug Geld für alle Menschen, so dass sie die Möglichkeit haben, ein Leben ohne Gewalt führen zu können. Und wir müssen über männliche Gewalt sprechen, vor allem Männer sollten das tun. Denn die Täter sind meistens Männer (75,6 Prozent). Gleich sind wieder drei Minuten vergangen.
Übrigens, wenn du von Gewalt betroffen bist: Es gibt Hilfe für dich. Das Hilfetelefon "Gewalt gegen Frauen" erreichst du unter 116 016 oder unter hilfetelefon.de
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