Bei Mein Grundeinkommen haben wir schon immer diejenigen im Fokus, die durch unsere Gesellschaft Benachteiligung erfahren. Dadurch haben wir bislang vor allem in den Blick genommen, dass dieses System viele Menschen links liegen lässt – und gar nicht so genau auf jene geschaut, die von der wachsenden Ungleichheit profitieren. Zeit für einen Perspektivenwechsel.
"Manno." Die Tochter meiner Freundin ist hörbar verärgert darüber, dass ich meine Spielfigur vor der ihren über die Ziellinie geführt habe. “Das ist schon in Ordnung – besser, sie lernt früh, mit Niederlagen souverän umzugehen”, denke ich mir.
"Es geht doch nicht darum, ob man gewinnt. Eigentlich haben wir sogar beide gewonnen, weil wir gemeinsam Spaß beim Spielen hatten", sage ich zu ihr. Fünf Euro ins Phrasenschwein, bitte.
"Hä", entgegnet sie mir, "hast du jetzt gewonnen, oder nicht? Wenn es eine Gewinnerin gibt, gibt es doch wohl auch eine Verliererin, oder?" Ertappt. Wo sie recht hat, hat sie recht. Verlierer*innen, Gewinner*innen – das ist schon definitiv ein Gegensatzpaar. Und es erinnert mich auch sofort an die Debatte, die wir bei Mein Grundeinkommen in den vergangenen Wochen ausgiebig untereinander geführt haben.
Denn die Logik dieses schlauen Kindes, das mich gerade meiner fragwürdigen pädagogischen Fähigkeiten überführt hat, greift natürlich auch anders herum: Wo es Verlier*innen gibt, da gibt es auch Gewinner*innen.
So haben wir als Gesellschaft auf eine Art diese Menschen und Unternehmen – ja, das ganze System – aus der Verantwortung entlassen. Und das müssen wir ändern, um, äh: etwas zu ändern. Denn ob wir es wahrhaben wollen oder nicht, die Profiteur*innen tragen (bewusst oder unbewusst) zur Aufrechterhaltung der Ungleichheit bei.
Und jetzt kommt der entscheidende Punkt: Das ist kein Vorwurf. Es ist ein Aufruf. Ein Aufruf, gemeinsam Verantwortung zu übernehmen. Denn wir dürfen nicht stillschweigend in einer Gesellschaft leben, in der einige immer größere Gewinne einfahren und gleichzeitig mehr und mehr Menschen in Armut oder mit der realen Angst leben müssen, in die Armut abzurutschen.
Auch die Armut im Alter wird immer schlimmer. Wir haben bereits vor zwei Jahren darüber berichtet.
Jede*r Einzelne von uns muss sich fragen: Wo stehe ich in dieser Gesellschaft? Profitiere ich eigentlich von diesem System, schütze ich es? Solidarisiere ich mich, aus falschen Annahmen heraus, mit den falschen Menschen – und schützt das ein Gefüge, aus dem zu viele als Verlierer*innen hervorgehen? Trage ich vielleicht selbst Ideen mit mir herum, die mit der Wirklichkeit nicht viel am Hut haben?
Wir brauchen jetzt ein Werkzeug, um die Ungleichheit zu mindern
Während wir uns intern in den vergangenen Wochen intensivst mit diesen und ähnlichen Fragen auseinandergesetzt haben, geisterte hier und da ein Schreckgespenst durch die Büro-Korridore. Das ominöse U-Wort. Die Legende besagt: Wenn eine*r zur Geisterstunde dreimal vorm Spiegel "Umverteilung" flüstert, ermächtigt sich Gregor Gysi der Gartenlaube der eigenen Großmutter.
Aber Spaß beiseite. Wir in Deutschland müssen endlich unsere tiefsitzende Angst vor dem Ausgleich ablegen. Denn die fußt auf falschen Annahmen. Es geht nicht darum, Kindern und Enkelkindern Oma ihr klein’ Häuschen wegzunehmen. Und das wissen eigentlich auch Markus Söder und Christian Lindner; die brauchen diese Erzählung aber, um Hochvermögende vor höheren (und dringend notwendigen) Abgaben zu schützen.
Angesichts der vielen großen Herausforderungen, die uns als Gesellschaft unmittelbar bevorstehen, können wir es uns aber nicht leisten, immer weitere und tiefere Gräben ent- und bestehen zu lassen. Wir brauchen jetzt dringend ein Werkzeug, um Ungleichheiten zu mindern, Chancen zu schaffen und soziale Gerechtigkeit wieder mehr ins Zentrum unserer Aufmerksamkeit zu rücken.
Es geht nicht darum, alles gleichmäßig auf alle zu verteilen. Es geht darum, allen die gleichen Chancen zuzugestehen, ein erfülltes und würdevolles Leben zu führen.
Wie bei jeder guten Geschichte gibt es deshalb auch in unserer einen Wendepunkt, einen Aha-Moment. Es ist Zeit für einen Wandel. Und dieser Wandel beginnt jetzt. Mit uns. Mit dir. Gemeinsam.
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Unser Thema Das Ende der Ungleichheit stellt die wachsende Kluft zwischen Arm und Reich in den Vordergrund – und blickt auf verschiedene Möglichkeiten, diese zu überwinden.
Wie siehst du das? Müssen wir das System von Grund auf neu denken? Lies mehr über "Das Ende der Ungleichheit" oder nimm an unserer großen Umfrage zum Thema teil. Wir freuen uns auch über deine Meinung hier in den Kommentaren!
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