Die Frage, ob ausgerechnet eine Vermögensteuer der richtige Weg zum Grundeinkommen für alle ist, spaltet die Gemüter – auch in unserer Crowd. Hier sprechen Kalman und Maik, stellvertretend für viele andere, über selbst erarbeitetes Vermögen, (un)gerechte Steuern und schwere Entscheidungen.
Wir wollen nicht nur über Vermögen reden, sondern auch mit den Menschen, die eine Vermögensteuer konkret betreffen würde, heute oder in Zukunft. Finden sie die Idee gerecht, ein Bedingungsloses Grundeinkommen für alle mit einer Vermögensteuer zu finanzieren? Wären sie bereit, selbst zu zahlen?
Malina hat zwei Stimmen aus der Mein Grundeinkommen-Crowd eingefangen, deren Perspektiven nicht unterschiedlicher sein könnten. Jetzt haben sie das Wort:
Kalman: "Irgendwann muss ja auch mal Schluss sein!"
"Ich kenne niemanden, der morgens aufsteht und sagt, er will Vermögen aufbauen", meint Kalman. Es sei auch für ihn selbst keine bewusste Entscheidung gewesen, eines Tages vermögend zu sein. Vielmehr eine Kombination aus Interesse an den richtigen Themen und einer Disziplin in der Umsetzung.
Als Kind zieht Kalman mit seiner Familie von Siebenbürgen nach Deutschland – mit nur vier Kisten, darin Geschirr und Klamotten. In der Schule strengt sich Kalman an, er will gute Noten schreiben. Am meisten liegen ihm die so genannten MINT-Fächer, also Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik. Kalman entscheidet sich für ein Studium der Informatik und Mathematik.
"Nach dem Studium war es leichter an der Uni zu promovieren, als sich für einen Job zu entscheiden", sagt Kalman. Er verdient sein erstes Geld und spart möglichst viel. Manche seien freigebiger, er sei schon immer der Spartyp gewesen, das sei so in ihm drin. Was soll er aber mit dem gesparten Geld machen? 2009 kauft Kalman, auch mit Unterstützung seiner Familie, sein erstes Haus.
Inzwischen ist Kalman Informatik-Professor und Eigentümer von drei Häusern, in denen er acht Wohnungen vermietet. In einem der Häuser wohnt er selbst mit seiner Frau und seinen zwei Kindern. Aus den Mieteinnahmen, dem Kindergeld und dem Gehalt berechnet Kalman das Familieneinkommen: "Wir haben Nettoeinnahmen von 10.000 Euro pro Monat." Im selben Atemzug erklärt Kalman, dass von den Einnahmen lediglich 3.000 Euro blieben: "7.000 muss man abziehen für die Immobilien – für Zinstilgung, Rücklagen für Sondertilgung und Instandhaltung."
In etwa 15 Jahren werden die Häuser durch die Sondertilgung vollständig abbezahlt sein. "Dann ist die Perspektive: Den Kindern einen guten Start zu geben. Jedes kann mit einem Haus ins Leben starten."
Von einer Vermögensteuer wäre Kalman selbst betroffen und hält davon nichts: "Irgendwann muss ja auch mal Schluss sein! Versteuertes Einkommen muss irgendwann unantastbares Eigentum desjenigen werden, der es erwirtschaftet hat." Es sei absolut nicht förderlich, so einen Druck in Sachen Steuern aufzubauen, unter dem dann alle leiden. "Wo ist da das Limit?"
Kalman blickt aus Vermieterperspektive auf die Vermögensteuer. "Die Eigentümer werden das nicht selber tragen und denken, jetzt sinkt meine Rendite von drei auf ein Prozent. Das wird nicht funktionieren." Stattdessen würden die Mieten steigen und alle Instandsetzungen auf ein Minimum reduziert werden. Wenn das nicht ausreicht, würde möbliert vermietet werden und sonst zimmerweise.
"Eine Vermögensteuer bestraft also jeden, der seine Immobilien kontinuierlich verbessert und in der Wohnqualität für seine Mieter steigert. Stattdessen wird man begünstigt, wenn man viel konsumiert, die neuesten Geräte kauft und das Einkommen nur so raushaut", fasst Kalman zusammen.
Am Experiment von Mein Grundeinkommen interessiert Kalman besonders, wie viele der Gewinner*innen das Geld als Sprungbrett für eine Innovation nutzen und "wie viele nach dem Grundeinkommensjahr dadurch mehr Steuern als zuvor zahlen."
Maik: "Vermögen muss besser verteilt werden"
Maiks erste Aussage in unserem Gespräch: "Ich stehe mitten im Leben." Mit Stillstand hat das allerdings nichts zu tun. Maik ist Bürgermeister einer kleinen Stadt in Thüringen mit gut 6.000 Einwohner*innen.
Die Arbeit als Bürgermeister sei sehr anspruchsvoll, erzählt Maik. Es bedeute wenig Zeit für Zuhause, viele Termine und kurzfristige Verpflichtungen. Wenn die Stadt wenig Geld hat, "müssen Entscheidungen getroffen werden, die auch mal nicht so schön sind." Ist das Bürgermeisteramt denn so, wie er es sich erhofft hat? "Schlimmer!", antwortet Maik prompt und lacht.
Neben Herausforderungen ist aber auch viel Begeisterung von Bürgermeister Maik zu hören: Er erzählt von einigen kleinen Projekten, die trotzdem eine große Wirkung entfalten. So kann die Glockenanlage einer Kirche repariert werden. Bald läuten die Glocken wieder automatisch – zu festlichen Anlässen, aber eben auch zu den traurigen. Das hat einen großen Stellenwert in der Gemeinschaft.
Maik ist seit dem 22. Juni 2022 Bürgermeister. Früher arbeitete er als Verfahrenstechniker im Bergbau, zahlte wie auch im aktuellen Beruf den Spitzensteuersatz. Schon seit seiner Berufsausbildung konnte Maik einen Teil seines Verdienstes beiseitelegen. Einfach rumliegen soll dieses Geld aber nicht: "Ich muss ja was machen, damit die Inflation es nicht auffrisst." Maik investiert das Geld in Aktien, Edelmetalle, Fonds und Bitcoins.
Durch seine Erfahrungen mit Geldanlagen weiß Maik auch um die Besteuerung. Und findet die ungerecht: "Einkommen werden mit 40 Prozent besteuert, Gewinne aus Aktien nur mit 25 Prozent. Wie kann das sein, dass jemand, der mit Geld Geld verdient, mehr übrig hat, als wenn er arbeiten geht?" Da ist Maiks Antwort auf die Frage, ob eine Vermögensteuer wieder eingeführt werden sollte, nicht verwunderlich: "Ja, klar."
Im Moment wäre Maik nicht von einer Vermögensteuer betroffen. Wäre er es in Zukunft, würde er sie auch zahlen wollen: "Mich interessiert der Grundgedanke: Dieses Geld, dieses Vermögen, wie ist das besser zu verteilen?"
Beim Thema Grundeinkommen vermutet Maik, dass es vielen gar nicht aufs Vermögen ankäme, sondern eher auf die Sicherheit eines dauerhaften Einkommens. Die Welt verändere sich schnell, Jobs würden durch Technik ersetzt. "Man kann sich kaum auf etwas einstellen, das macht den Leuten Angst", beobachtet Maik. "Das Grundeinkommen wäre ein doppelter Boden."
Grundeinkommen aus Vermögenssteuer? Das geht!
In unserem Rechner kannst du selbst der Staat sein, der ein Grundeinkommen für alle einführt. Ein Weg dahin führt über die Vermögenssteuer. Probiere es einfach mal aus!