Was wurde nicht alles über uns geschrieben und gesendet? Die Schlagzeilen der letzten 10 Jahre reichen von "Das Grundeinkommen hilft allen" bis hin zu "Das Grundeinkommen wäre ein Desaster". Hier sind die 10 wichtigsten Medienmomente, die wirklich etwas verändert haben.
Schon vor dem Start ein bisschen berühmt
JULI 2014 – DER SPIEGEL
Als Mein Grundeinkommen seine erste deutschlandweite Schlagzeile bekommt, ist das erste Grundeinkommen noch nicht einmal verlost: Im Sommer vor zehn Jahren trifft Der Spiegel den Gründer unseres Vereins, Michael Bohmeyer. "Barfuß und mit einem abgewetzten Jutebeutel über der Schulter", so beschreibt es der Artikel, kommt Micha zum Pressetermin.
Erst seit etwas über einem Monat sammelt Mein Grundeinkommen zu diesem Zeitpunkt Geld per Crowdfunding, um es als Grundeinkommen für ein Jahr zu verlosen. Ungefähr 300 Menschen unterstützen Michas Idee – heute sind es fast 200.000. Aber das erste Grundeinkommen haben diese wenigen Erstunterstützer*innen da längst zusammengetragen.
Fast erstaunt klingt Der Spiegel, dass diese scheinbar absurde Idee auf so viel Begeisterung stößt. Nur Micha ist schon damals überzeugt: "Im Bedingungslosen Grundeinkommen schlummert eines der größten Potenziale, unsere Gesellschaft einen Schritt nach vorne zu bringen."
Ein Satz bleibt uns aus diesem Artikel in Erinnerung. Es ist ein Zitat von Micha, das augenblicklich zu unserem Leitsatz der folgenden zehn Jahre werden wird: "Probieren wir es aus!"
Die erste Verlosung ist nur der Anfang
SEPTEMBER 2014 – DER TAGESSPIEGEL
In dieser Schlagzeile im Berliner Tagesspiegel steckt eine weise Voraussicht: Das Grundeinkommens-Experiment ist mit der ersten Verlosung am 18. September 2014 nicht etwa beendet – nein, es hat gerade erst begonnen.
Aus 300 Menschen, die Geld gespendet haben, sind bis zum Verlosungsabend 2.900 geworden und aus einem finanzierten Grundeinkommen schon vier, rechnet der Artikel vor. Die Menschen spenden längst für das fünfte.
Die Zeitung zitiert, was die vier Gewinner*innen der allerersten Verlosung mit ihrem Geld vorhaben: "Meine Erzieherausbildung anfangen und nicht im Callcenter arbeiten", sagt Christoph, der das zweite Grundeinkommen gewinnt. Ob er das in den zehn Jahren seitdem geschafft hat? Der Tagesspiegel kann damals nur mutmaßen – wir wissen es heute ganz sicher: Wir haben Christoph über die 10 Jahre immer wieder begleitet.
Unser Vereinsgründer Michael Bohmeyer sieht nach der ersten Verlosung wohl ziemlich müde aus. Die Zeitung weiß, warum: Er musste "das sofort einsetzende, riesige Medieninteresse befriedigen [...]. Es galt, mitzuhalten mit dem, was binnen wenigen Wochen aus seiner kleinen Versuchsanordnung geworden war."
Erholung ist erstmal nicht in Sicht, denn das Medieninteresse wird nicht abebben...
"In dem Moment, als ich erfahren habe, dass wir das Grundeinkommen gewonnen haben, wusste ich, dass es unser Leben verändern wird. Und das hat es getan", sagt Olga aus Oberschwaben. Dabei hat sie selbst gar nicht gewonnen – sondern ihr 9-jähriger Sohn Robin. Er ist das erste Kind, das Grundeinkommen selbst ausprobieren darf.
Dem Fernsehen erzählt Robin von seiner ersten Reaktion: "Wo ich das erfahren habe, habe ich Mama gefragt: Wir sind jetzt reich? Kriege ich jetzt pro Monat ein Buch?" Uns erzählt Robin später, dass er sich tatsächlich ein Jahr lang jeden Monat ein neues Buch gegönnt hat. Den Rest investierte die Familie in Gitarrenunterricht, Ausflüge in die Natur oder Besuche im Museum.
Am Ende des rbb-Berichts verkündet Robin dann noch, worin für ihn die eigentliche Revolution aus der Schlagzeile bestünde: "Das Geld, das wir gerade bekommen, sollen alle auf der ganzen Welt bekommen." Wie er das heute sieht, erzählt uns seine Mutter Olga übrigens live bei der großen Jubiläums-Verlosung am 27. November.
Das Grundeinkommen kommt in der Wirtschaft an
DEZEMBER 2015 – DIE ZEIT
Wer sich im ersten Jahr der Verlosung vielleicht noch fragte, was Mein Grundeinkommen eigentlich erreichen will, der bekommt spätestens mit dieser Schlagzeile eine unmissverständliche Antwort: "Telekom-Chef Höttges für Bedingungsloses Grundeinkommen"-.
Es ist das erste Mal, dass der Boss eines Dax-Konzerns sich klar für bedingungslose Existenzsicherheit ausspricht. Die Idee ist in der Wirtschaft angekommen. Im Zeit-Interview holt Timotheus Höttges sie aus der Nische der Sozialutopien in die Realität, indem er "unkonventionelle Lösungen" zum Erhalt der Sozialsysteme fordert.
Die Digitalisierung treibt den Telekom-Chef damals zu dieser Forderung. Er befürchtet den Wegfall von Arbeitsplätzen, lange bevor "Künstliche Intelligenz" ein geläufiger Begriff ist: "Ein Bedingungsloses Grundeinkommen kann eine Grundlage sein, um ein menschenwürdiges Leben zu führen."
Genau das ist es, was Mein Grundeinkommen erreichen will: Die Idee des Grundeinkommens durch Ausprobieren und Erforschen mitten rein in alle öffentlichen Debatten stoßen. Bei der Wirtschaft gelingt das mit dieser Schlagzeile zum ersten Mal – bei Politik und Wissenschaft brauchen wir noch etwas mehr Zeit...
Als Thomas Gottschalk spontan ein Grundeinkommen verloste
MAI 2017 – RTL "MENSCH GOTTSCHALK"
Dieser wichtige Medienmoment wäre beinahe ausgefallen: Die RTL-Show "Mensch Gottschalk" lädt Micha Bohmeyer ein, um das Bedingungslose Grundeinkommen einem Millionenpublikum zu erklären – und ein Grundeinkommen live in der Sendung zu verlosen. Das Glücksrad steht bereit, Micha sitzt auf der Bühne. Doch dann kommt alles anders...
Weil sich Thomas Gottschalk und seine anderen Gäste so lange über Fragen sozialer Gerechtigkeit zanken, kommt Micha erst in letzter Minute zu Wort. Für die Verlosung bleibt keine Zeit mehr. Der Abspann beginnt, alles scheint vorbei zu sein...
Deine Meinung ist gefragt
Was wünschst du dir für die nächsten 10 Jahre von Mein Grundeinkommen? Verrate es uns in der Jubiläums-Umfrage.
Aber das Mein Grundeinkommen-Team ist schon damals gut im Improvisieren: Während im Hintergrund alle das Studio verlassen, starten wir einfach unsere eigene Live-Show auf Youtube. Micha zieht Thomas Gottschalk kurz zur Seite und der verlost bereitwillig doch noch ein Grundeinkommen.
Das Video dieser spontanen Verlosung ist ziemlich verwackelt. Aber wäre alles wie geplant gelaufen, hätten wir wohl nie erfahren, was Thomas Gottschalk selbst vom Grundeinkommen hält: "Also, ich bin von der Idee richtig angetan. Und will mich darüber noch ein bisschen informieren", verrät er in unserem Video.
Wer hätte das gedacht? Heute gilt Gottschalk längst nicht mehr als Freund progressiver Ideen.
Der Polittalk vor vier Millionen Zuschauer*innen
NOVEMBER 2018 – ARD "ANNE WILL"
Kaum ein anderer Medienmoment hatte wohl so einen Effekt auf die Grundeinkommensdebatte der letzten zehn Jahre wie dieser: Im November 2018 lädt die Sonntagabend-Polittalkshow Anne Will unseren Vereinsgründer Micha Bohmeyer ein. Mit Lars Klingbeil, Sahra Wagenknecht, Jens Spahn und der Unternehmensberaterin Simone Menne diskutiert er über die Reform des Sozialstaats.
Micha gibt an diesem Abend alles. So eine große Bühne kommt so schnell nicht wieder. "Wenn wir über [...] ein Grundeinkommen nachdenken, dann müssen wir verstehen, dass das nicht direkt vergleichbar ist mit Sozialleistungen wie Hartz IV. Weil es keine bevormundende Fürsorge für die Armen ist. Sondern eine Investition in alle Menschen in der Gesellschaft."
Dringen solche Argumente durch? Micha selbst ist hinterher zwiegespalten: Die Talkrunde habe ihn auf jeden Fall ernst genommen, merkt er. Immerhin ein Drittel der Sendung geht es tatsächlich um das Grundeinkommen, seine Wirkung und sein Potenzial in einer Arbeitswelt, die sich damals bereits radikal wandelt. Aber gerade die Politprofis wie Jens Spahn flüchten sich, wenn es eng wird, routiniert in kleinkarierte Details – oder in Totschlagargumente wie das der Finanzierung.
Für die Aufmerksamkeit gegenüber der Idee des Grundeinkommens ist die Sendung trotzdem ein Meilenstein. "Hätte mir vor vier Jahren jemand gesagt, dass ich bald vor vier Millionen Zuschauer*innen bei Anne Will sprechen würde – ich hätte die Person für verrückt erklärt", sagt Micha hinterher.
Sogar die sonst sehr skeptische FAZ (Abo) sieht das am Tag nach Anne Will so: „Von Frau Menne und Herrn Bohmeyer hätte man gerne mehr erfahren, aber das ging nicht, weil der Spielplan immer noch vorsieht, der Vergangenheit die Bühne zu geben.“
An einem Tag gleich mehrmals in der Tagesschau
AUGUST 2020 – ARD "TAGESSCHAU"
Kann man eine größere Schlagzeile bekommen als eine Meldung in der "Tagesschau"? Am 18. August 2020 schaffen es Mein Grundeinkommen und das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) gemeinsam in die wichtigste Nachrichtensendung des Landes. Und das gleich mehrmals an diesem Tag. Der Grund: Das Pilotprojekt Grundeinkommen startet!
"Bisher wird das Grundeinkommen sehr glaubensbasiert und ideologisch behandelt. Da wird viel von Faulheit gesprochen und da werden auch viel zu große Hoffnungen auf das Thema projiziert. Wir wollen, dass das Glauben und Hoffen aufhört – und wollen es durch Wissen ersetzen", sagt Micha Bohmeyer im Interview mit Tagesschau24.
Der Tag beginnt mit einem Auftritt von Janine Busch, die das Pilotprojekt Grundeinkommen leitet, und Micha in der Bundespressekonferenz. Danach stehen ihre Telefone nicht mehr still. Alle wichtigen Medien wollen wissen, wie die Forschung genau aussehen wird. Am Abend werden sie alle über unsere Forschung berichtet haben.
1.001 Dankeschöns zu gewinnen
Diese Schlagzeilen gibt es nur dank unserer Crowdhörnchen. Unter ihnen verlosen wir 1.001 Dankeschöns.
Für uns sind die Schlagzeilen dieses Tages der laute Startschuss zu einem Marathon: Wir wollen mit dem dreijährigen Pilotprojekt Grundeinkommen die Diskussion über das Bedingungslose Grundeinkommen endlich auch stärker in die Wissenschaft und die Politik tragen.
Dieser Plan geht sofort auf, aber anders als gedacht: Weil ganz Deutschland über uns spricht, sieht sich Olaf Scholz nur drei Tage später genötigt, das Grundeinkommen mit den Worten "Das wäre Neoliberalismus" abzulehnen. Das ist nicht ganz die Reaktion, die wir uns aus der Politik erhoffen – aber die Reaktionen, die wir uns wünschen, müssen wir uns vorerst noch selbst zurechtbasteln.
Abgesehen vom damaligen SPD-Kanzlerkandidaten tun überwältigend viele Menschen ihre Meinung zum Grundeinkommen auf die beste Art und Weise kund, die wir uns vorstellen können: Allein in den ersten drei Tagen nach der Tagesschau-Schlagzeile bewerben sich mehr als eine Million Menschen für das Pilotprojekt!
Eine Medienwelle, die weit über Deutschland hinaus schwappt
NOVEMBER 2020 – THE NEW YORK TIMES
Der Start des Pilotprojekts Grundeinkommen schlägt Wellen weit über Deutschland hinaus: In der New York Times erscheint das erste Porträt von Mein Grundeinkommen (englisch) in einer wirklich großen, internationalen Tageszeitung.
Der Artikel schlägt einen großen Bogen vom deutschen Sozialsystem bis zu den Nach-Wende-Erfahrungen der Menschen, die in der ehemaligen DDR aufgewachsen sind. "Von meinen Eltern habe ich gelernt, dass Systeme nicht für die Ewigkeit gemacht sind. Von heute auf morgen können sie aufhören zu existieren", zitiert die New York Times Michael Bohmeyer. Und weiter: "Deshalb kann ich den Kapitalismus auch nicht komplett ernst nehmen."
Was diese Schlagzeile verändert hat? Durch ihren Blick von außen erlaubt sie uns eine neue Sicht darauf, was das Grundeinkommen und seine Bedingungslosigkeit mit uns allen machen. "Wir nennen es das Grundeinkommensgefühl", sagt Micha der New York Times. "Die unterschwellige Botschaft der Bedingungslosigkeit ist: Wir als Gesellschaft sagen dir, dass du okay bist, wie du bist."
Was wäre wenn? Endlich haben wir die Antwort!
AUGUST 2023 – FRANKFURTER RUNDSCHAU
Zurück nach Deutschland. Eine der häufigsten Fragen, die uns Journalist*innen stellen, ist die nach der Finanzierung eines Bedingungslosen Grundeinkommens für alle. Im August 2023 können wir ihnen endlich eine fundierte Antwort geben: Grundeinkommen ist bezahlbar!
Unter der Überschrift "Was wäre wenn" beschreibt die Frankfurter Rundschau, warum unsere Finanzierungs-Studie samt Rechner die Debatte über das Grundeinkommen auf eine neue Stufe heben könnte: "Der Rechner gibt praktische Antworten und hat deshalb das Zeug, die bisher oft ideologische Diskussion zu versachlichen."
Ob das klappt, wir die Zukunft zeigen. Die Frankfurter Rundschau ist jedenfalls überzeugt: "Ab heute wird die Utopie etwas realistischer."
Ein hoffnungsvoller Blick in die Zukunft
MAI 2024 – SÜDDEUTSCHE ZEITUNG
Im Frühjahr 2024 erhalten die 122 Proband*innen unseres Pilotprojekts nach drei Jahren ihr letztes Grundeinkommen aufs Konto. Die Auswertung ihrer Erfahrungen geht in der Wissenschaft jetzt erst richtig los. Sie wird noch bis Anfang 2025 brauchen.
Aber ein paar Medien wollen unbedingt sofort nach Ende der Auszahlung berichten: Die Süddeutsche Zeitung titelt "Das Berliner Grundeinkommen hilft allen" (Abo). Mit "allen" meint die Zeitung keineswegs nur die Menschen, die das Grundeinkommen ausprobieren durften – sondern wirklich alle: die Politik, die Wissenschaft und alle Bürger*innen dieses Landes. Wie meinen die das?
Die Auseinandersetzung über den Sozialstaat sei so alt wie er selbst, schreibt die Süddeutsche. Aber im 21. Jahrhundert sei sie noch menschenfeindlicher als je zuvor. Zwei Menschenbilder stünden sich gegenüber, wenn wir uns miteinander streiten, ob bedingungslose Existenzsicherheit nun Freiheit schafft oder Faulheit erzeugt. Ohne Aussicht darauf, dass eine Seite demnächst die andere überzeugen wird.
Deswegen brauche es dringend mehr Versuche wie das Pilotprojekt. Sie könnten "helfen, die Debatte um die Zukunft des Sozialstaats zu versachlichen. Und das ist dringend nötig", ist die Zeitung überzeugt. Aber sie fordert noch mehr: "Am Ende muss nicht nur eine sachlichere Debatte stehen, sondern eine andere Sozialpolitik."
So sehen wir das auch.
Schau mit uns zurück und voraus
Nach 10 Jahren gibt es noch mehr Highlights, noch mehr zu feiern und noch mehr Pläne für die nächsten 10 Jahre...
Was denkst du? Welche Schlagzeilen könnte es in den nächsten 10 Jahren über die Verlosung und das Bedingungslose Grundeinkommen geben? Welche wünschst du dir besonders? Schreib es uns in die Kommentare!
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