Als Isabel* ihr Grundeinkommen gewinnt, ruft sie sofort die Arbeitsagentur an: Bloß nicht mehr zum Amt! So schlimm waren ihre Erfahrungen mit der Grundsicherung. Höchste Zeit für einen Vergleich: Was sind die Schmerzpunkte beim Bürgergeld – und wie würde ein Bedingungsloses Grundeinkommen für alle diese Schmerzen lindern?
Mit dem Regelsatz wird der Bedarf beziffert, mit dem ein einzelner Mensch für einen Monat auskommen soll – für Kleidung werden beispielsweise 41,65 Euro veranschlagt, für Mobilität 45,02 Euro und Bildung schlägt mit schlappen 1,81 Euro zu Buche.
Wenn Gewinnerin Isabel von ihren Erfahrungen mit dem Bürgergeld spricht, wird schnell klar: Das Geld reicht nicht. "Ich hatte jeden Tag Existenzangst", sagt sie. Isabel war früher mit einem Unternehmen für Übersetzungsarbeiten selbständig. Die Firma ging pleite, die damals 55-Jährige fand keine neue Arbeitsstelle. Schließlich beantragte Isabel Grundsicherung.
Das Bedingungslose Grundeinkommen wird hingegen in einer Höhe ausgezahlt, die die Existenz sichert. Die Ergebnisse unserer Gewinner*innen-Umfrage deuten darauf hin, dass ein Grundeinkommen Existenzangst entscheidend minimiert: 79 Prozent der Befragten geben an, dass sie etwas seltener oder sogar viel seltener Existenzangst verspüren, seitdem sie Grundeinkommen bekommen.
Auch Gewinnerin Hanni* hat mit ihrem Grundeinkommen weniger Sorgen: "Ich kann mir Essen kaufen, ohne Angst, dass das Geld nicht reicht. Ich kaufe trotzdem nur, was ich brauche, verschwendet wird nichts."
2. Der Antrag – Wohl bekomm’s?!
Um Bürgergeld zu bekommen, muss ein Antrag gestellt werden. Ohne Antrag kein Geld. Das Formular hat es in sich: Allein der grundlegende Vordruck ist sechs Seiten lang. Mit weiteren Angaben zu beispielsweise Vermögen, Kindern und Unterkunft können bis zu 40 Seiten zusammenkommen.
Anschließend wird die Bewilligung regelmäßig kontrolliert und in Frage gestellt: Das Jobcenter fordert laufend Nachweise, Termine und Folgeanträge ein.
Gewinnerin Hanni erinnert sich: "Ich habe alles offenlegen müssen." Auch Isabel berichtet vom bürokratischen Aufwand: "Ich musste alle drei Monate eine umfangreiche Liste zu meinen Bewerbungen ausfüllen."
Das Bedingungslose Grundeinkommen kommt dagegen fast ohne bürokratischen Aufwand aus, da es ohne Prüfung an alle Bürger*innen gezahlt wird. Mit Grundeinkommen würde die immense Bürokratie eingespart, die hinter dem Bürgergeld steckt.
Viele unserer Gewinner*innen sind verblüfft, dass es lediglich eine Kontoverbindung und einen Identitätsnachweis braucht, damit sie ihr Grundeinkommen überwiesen bekommen.
Hanni beschreibt ihre Gefühlslage beim Kontakt mit dem Amt: "Ich kam mir manchmal wie menschlicher Abfall vor." Isabel hatte immer Angst, dass sie "wen Bekannten" bei den Terminen im Jobcenter trifft. "Das wäre mir so peinlich gewesen!"
Das Sanktionssystem macht Menschen zu Bittsteller*innen, die jeden noch so kleinen Fehltritt fürchten müssen. Das System macht unverblümt deutlich: Du bist nicht erwünscht. Negative Gefühle wie Scham und Angst sind die Folge.
Das Grundeinkommen ist bedingungslos. Es wird am Anfang jeden Monats ausgezahlt – einfach so. Hanni erinnert sich noch gut an den Anfang ihres Jahres mit Grundeinkommen: "Zuerst konnte ich es lange nicht glauben, dann habe ich tagelang geheult vor Glück. Jetzt habe ich ein beruhigendes Gefühl." Hanni verspürt mit Grundeinkommen eine Sicherheit, die durch die sogenannte "Grundsicherung" Bürgergeld nicht erreicht werden kann.
4. Teilnehmen – Dabei sein ist alles?!
Menschen, die Bürgergeld beziehen, werden oft von Schamgefühlen gequält. Die negativen Gefühle führen dazu, dass sie sich zurückziehen. Da das Geld nicht reicht, liegt die Konzentration sowieso darauf, die Kosten des Lebens Monat für Monat überhaupt zu bewerkstelligen. Für gesellschaftliche Teilhabe lässt das keinen Platz.
Früher mal besuchte Isabel regelmäßig eine über 90-Jährige, mit der sie sich gerne unterhielt und der sie im Alltag zur Hand ging. Mit Grundsicherung änderte sich das. "Ich hatte dafür keine Kraft mehr. Und die Fahrt dahin war eh zu teuer."
Für Hanni war das gesellschaftliche Leben unerschwinglich geworden. Auch fühlte sie sich ausgeschlossen: "Wenn man arm ist, hat man sehr wenig Freunde und wird gemieden."
Das Bedingungslose Grundeinkommen soll auch gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen – der monatliche Betrag ist also so hoch, dass ein Restaurantbesuch, das Konzert und Geschenke für Familienfeiern ohne Abstriche bezahlt werden können.
Was für manche selbstverständlich ist, war für Hanni erst mit ihrem Grundeinkommen möglich: Sie konnte wieder ins Kino gehen. Auch Isabel besuchte Ausstellungen und Konzerte: "Ich war wieder ein normaler Mensch mit sozialem Verhalten."
5. Die Arbeit – Probieren geht über Motivieren?!
Für das Jobcenter und die Agentur für Arbeit wiederum blieb eine Namensänderung nicht umsonst aus: Auch mit dem Bürgergeld ist das oberste Ziel, Menschen (wieder) in Arbeit zu bringen. Das heißt aber auch, sie möglichst schnell aus der Grundsicherung zu drängen. Es scheint nicht wichtig zu sein, was ein Mensch arbeitet, sondern, dass er arbeitet.
Als Isabel das erste Mal Bürgergeld bekommt, ist sie 55 Jahre alt. Dem Jobcenter muss sie mindestens drei Bewerbungen pro Monat vorweisen. Mit knapp 60 Jahren bekommt sie eine Jobzusage im Pflegedienst. Dort erfährt Isabel Mobbing, wird darüber krank und muss den Pflegeberuf wieder aufgeben. Und wieder monatlich ihre Bewerbungen schreiben.
Das Bedingungslose Grundeinkommen bietet die Entscheidungsfreiheit, nur die Arbeit anzunehmen, die wirklich zu einem passt und bei der auch die Arbeitsbedingungen stimmen.
Wer den Vergleich zwischen allen Formen der Grundsicherung und dem Bedingungslosen Grundeinkommen am liebsten auf einen Blick hätte – hier ist er:
* Isabel und Hanni heißen eigentlich anders. Dafür, dass sie Grundsicherung bezogen haben, schämen sie sich bis heute. Sie möchten deshalb anonym bleiben. Um so größer ist unser Dank, dass sie uns von ihren Erfahrungen erzählt haben.
Was denkst du? Empfindest du ähnlich wie unsere Gewinnerinnen? Wäre das Grundeinkommen die bessere Grundsicherung? Schreib es uns in die Kommentare!
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