Die Nachricht, dass ein Grundeinkommen für alle finanzierbar ist, hat einiges ausgelöst: Von Aufbruchstimmung über Augenrollen bis zu heftiger Ablehnung war alles dabei. Hier sind die zehn Reaktionen, die du unbedingt kennen musst.
Wenn wir neue Fakten, Ideen und Argumente zum Bedingungslosen Grundeinkommen präsentieren, dann wollen wir natürlich, dass sie so viele Menschen wie möglich erreichen – und zum Nachdenken und Debattieren anregen. Nur so stoßen wir im besten Fall eine Veränderung zum Guten an.
Wir haben alle Berichte in Zeitungen, Radio und Fernsehen genau verfolgt. Wir haben aufgepasst, wie die Politik auf die Nachricht reagiert. Zugegeben: Bei manchen Reaktionen haben wir selbst genervt mit den Augen gerollt. Aber viele andere haben uns positiv überrascht. Am besten, du machst dir selbst ein Bild…
"Was wäre, wenn…" – Die besten Denkanstöße
"Ein schöner Traum?", fragt Hannes Koch in der Frankfurter Rundschau, als könne er die Nachricht zur Finanzierbarkeit des Grundeinkommens noch nicht so ganz fassen. Ein paar Sätze weiter gibt sich der Wirtschaftsjournalist aber selbst die Antwort: "Ab heute wird die Utopie etwas realistischer." Er zitiert die wichtigsten Erkenntnisse unserer Studie – dass es mehrere machbare Finanzierungswege gibt, dass mindestens 80 Prozent aller Menschen unter dem Strich mehr hätten als heute und dass dadurch die Armut drastisch abnehmen könnte.
Beim Nachrichtenportal t-online hebt Christine Holthoff die gute Nachricht hervor, dass 75 Prozent des benötigten Geldes für ein Grundeinkommen für alle längst da sind: durch den Abbau dann unnötiger Sozialleistungen, Verwaltungskosten und ungerechter Steuerprivilegien. Dann stellt ihr Artikel vor, wie sich die restliche Finanzierungslücke von 25 Prozent solide schließen lässt. Und zitiert Miriam Witz, die das Projekt bei Mein Grundeinkommen mitentwickelt hat: "In Zeiten ständiger Krisen wäre das Grundeinkommen aus unserer Sicht ein effektiver Weg, sozialen Ausgleich zu schaffen. Und der wäre nicht mal besonders teuer."
Im Tagesspiegel und bei Focus Online stellt Felix Kiefer unseren Grundeinkommens-Konfigurator ausführlich vor. Beim Focus hat man ihn wohl gleich selbst ausprobiert und legt sich in der Überschrift fest: "Gehen wir radikal vor, ist ein bedingungsloses Grundeinkommen doch möglich". Sind die Finanzierungswege der Studie wirklich so radikal? Darüber kann man sicher streiten. Gar nicht kontrovers finden wir jedenfalls die Vision, die Micha Bohmeyer mit den Zeitungen teilt: "Wir sind davon überzeugt, dass ein Grundeinkommen ein gutes Werkzeug für eine gerechtere, krisenfeste Welt sein kann."
Dieser kurze Artikel beim Straßenmagazin Hinz & Kunzt hat uns besonders gefreut! Er greift die zentrale Idee unseres Grundeinkommens-Konfigurators auf: Zum ersten Mal kann man mit ein paar Klicks selbst ausprobieren, welche Effekte jedes Grundeinkommensmodell auf das eigene Portemonnaie und den Staatshaushalt hätte. "Ein bedingungsloses Grundeinkommen würde für die großen Mehrheit der Menschen in Deutschland mehr Wohlstand bedeuten. Wer daran zweifelt, kann die Berechnungen online nachvollziehen", schreibt Ulrich Jonas. Genau darum geht’s uns bei allem, was wir tun: Wir wollen nicht belehren, sondern zum Ausprobieren einladen.
Gleich die allererste Reaktion auf unsere Studie zur Finanzierbarkeit des Grundeinkommens war so niederschmetternd, dass wir kurz schlucken mussten: “Eine Billion fürs Nichtstun” schrieb Die Zeit über ihren Artikel. Als sei es ausgemachte Sache, dass Menschen mit einem Grundeinkommen sofort jede Arbeit – ach was: generell jede Handlung – einstellen würden. Passend garniert mit dem Foto einer Frau, die in einer Hängematte chillt. Ganz ehrlich: Dieses Symbolbild für Faulheit können wir wirklich nicht mehr sehen.
Das Vorurteil, dass bedingungslose finanzielle Sicherheit direkt in eine Gesellschaft aus lauter arbeitsscheuen Faulpelzen führt, hält sich hartnäckig. Obwohl es dafür keine ernsthaften wissenschaftlichen Belege gibt. Das haben wir wieder... und... immer... wieder... thematisiert.
Der Artikel von Kolja Rudzio stellt am Ende eine Reihe wichtiger Fragen zur Wirkung des Grundeinkommens, über die es sich zu streiten lohnt. Den ziemlich sarkastischen Einstieg hätte es dafür allerdings wirklich nicht gebraucht.
Die Frankfurter Allgemeine Zeitung greift unter der Überschrift "Das Grundeinkommen wäre ein Desaster" ebenfalls die Frage auf, ob ein Bedingungsloses Grundeinkommen für alle zu weniger Arbeitsbereitschaft führen würde – und auch sie schafft das leider nicht ohne unsachliche Polemik. Was soll’s, Schwamm drüber.
Interessant an Patrick Bernaus Artikel ist aber die zitierte Modellrechnung der US-amerikanischen Ökonom*innen Raquel Fernández und Diego Daruich. Ihr Modell bestätigt kurzfristig all die positiven Effekte des Grundeinkommens, die unsere Gewinner*innen schon seit neun Jahren erleben. Aber langfristig prognostiziert es für die USA einen Wohlstandsverlust von 20 Prozent – weil Menschen weniger arbeiten und dadurch weniger Wirtschaftsleistung und Steuern erwirtschaften würden.
Dieses Modell klingt besorgniserregend. Gleichzeitig wissen wir, dass in solchen komplexen Modellen viel mehr Ungewissheit steckt, als der Artikel in der FAZ suggeriert. Im Focus schreibt Christoph Sackmann dazu: "Das klingt alarmierend, aber es ist eben nur ein Modell." Und: "Die Methode, die Daruich und Fernandez anwenden ist, dass Menschen immer die für sie optimale Entscheidung treffen, also einen Job nur dann annehmen, wenn das die beste Wahl ist. Doch die Realität zeigt, dass sich Menschen eben nur selten optimal verhalten. Das macht eben die Ergebnisse wackelig."
Beim Kongress der Gesellschaft am vergangenen Samstag konnten wir Marcel Fratzscher, den Präsidenten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) direkt dazu befragen. Seine nüchterne Einschätzung im Video: "Die große Frage ist ja: Was macht das Grundeinkommen mit den Menschen? Arbeiten wirklich sehr viel mehr Menschen weniger? Vielleicht arbeiten einige sehr viel produktiver, weil sie ein Risiko eingehen können, ihre Arbeit selber gestalten können und damit einen Mehrwert für die Gesellschaft gestalten können – auch wirtschaftlich gesehen. All das wissen wir nicht – deshalb ist es so wichtig, es herauszufinden."
Die amerikanische Modellrechnung kann man hier in englischer Sprache lesen. Der FAZ-Artikel liegt leider hinter einer Bezahlschranke.
Zum Hören und Sehen: "Selbst mal Finanzminister spielen"
Nicht alle Menschen lesen Zeitung. Umso wichtiger war für uns, dass es unsere Nachricht "Es ist finanzierbar!" auch ins Radio und Fernsehen geschafft hat.
Im Inforadio vom RBB konzentriert sich Tabea Schoser auf die verschiedenen Steuern, die zur Finanzierung des Grundeinkommens herangezogen werden könnten. Sie lässt aber auch Micha Bohmeyer, den Initiator von Mein Grundeinkommen zu Wort kommen. Er spricht hier vor allem über die Effekte des Steuerausgleichs für die soziale Gerechtigkeit: Erst wenn alle Menschen jeden Monat das Existenzminimum ausgezählt bekämen, "verschwindet Armut, verdeckte Armut, die Armutsfalle. Erst dann verschwinden Scham und Stigma. Und erst dann sind alle Menschen garantiert abgesichert."
Der Moderator von radioEins hat den Grundeinkommens-Konfigurator benutzt, um selbst mal "Finanzminister zu spielen. Ich hab’s ausprobiert und fast geschafft." Im Interview fragt er Stefan Bach vom DIW, wie er die Finanzlücke im Konfigurator geschlossen hat. Seine Co-Moderatorin will von Bach wissen, für wie realistisch er die dafür nötigen Gesetzesänderungen hält. Stefan Bachs Antworten kann man hier nachhören:
Regionales Fernsehen ist uns bei Mein Grundeinkommen wichtig: Hier schauen die Menschen zu, die es brennend interessiert, was unmittelbar um sie herum geschieht. Im Baden TV Süd kann Miriam Witz erklären, was der Kern der Idee aus Grundeinkommen und Steuerausgleich ist: "Das Grundeinkommen bezweckt, dass ganz oben dieser krasse Reichtum nicht mehr weiter entstehen kann – aber auch, dass es unten nicht mehr diese Armut gibt, die auch oft verdeckte Armut ist." Und weiter: "Es ist ein Ausgleich dieser Extreme, aber vor allem wächst dadurch die Mittelschicht."
Der laute "Boom!" aus all diesen medialen Reaktionen hat am Ende sogar die erreicht, die von einem Bedingungslosen Grundeinkommen gar nichts wissen wollen. Nur zwei Tage nach den ersten Artikeln und Sendungen ließ uns der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz wissen:
"Wir müssen über die grundsätzliche Haltung in unserem Land reden: Sind wir noch bereit, uns für unseren Wohlstand und unsere Alterseinkommen anzustrengen. Eines ist jedenfalls klar: Unser Wohlstand lässt sich nicht mit bedingungslosem Grundeinkommen und Viertagewoche bei vollem Gehalt aufrechterhalten."
Wie so oft wirft Merz alles in einen Topf und rührt dann kräftig um: Wer Existenzsicherheit möchte, will sich bloß nicht anstrengen? Wer sich anstrengt, muss keine Angst vor geringen Alterseinkommen haben? Im Ernst, Herr Merz?!
Da machen Millionen von leistungsbereiten Erwerbstätigen, die trotz täglicher Anstrengung Niedriglöhne oder trotz Arbeit Bürgergeld beziehen, ganz andere Erfahrungen. Genauso Millionen von Kindern und Älteren, die von Wohlstand nur träumen können. Müssen die sich auch einfach nur mehr anstrengen?!
Der Standpunkt von Friedrich Merz hat uns nicht überrascht. Er ärgert uns trotzdem, weil wir alle dringend eine sachliche Debatte bräuchten über soziale Ungerechtigkeit – und wie man sie realistisch ausgleichen könnte. Auch diejenigen, die so viel haben, dass sie nicht von diesem Ausgleich profitieren würden. Zumindest nicht finanziell.
Wir haben in den letzten vier Wochen den Anfang gemacht. Und wir bleiben dran.
Du hast den "Kongress der Gesellschaft" in Frankfurt am Main verpasst? Kein Problem! Du kannst den ganzen Kongress hier in Ruhe nachschauen – oder auch nur seine Höhepunkte und die wichtigsten Ergebnisse für eine Zukunft mit Grundeinkommen für alle verfolgen.
Was denkst du? Haben wir es geschafft, die Debatte über ein Grundeinkommen für alle ein bisschen realistischer zu machen? Schreib es uns in die Kommentare!
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