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Wie kommt unser Lernmaterial bei denen an, für die wir es gemacht haben? Die Schüler*innen einer elften Klasse in Osnabrück konnten als Erste "Grundeinkommen macht Schule!" ausprobieren. Wir durften ihnen dabei über die Schultern schauen.
Ein Mittwochmorgen im September am Berliner Hauptbahnhof. Um halb sieben steigen Christian, André und Volker von Mein Grundeinkommen in den IC 240 nach Osnabrück. Im Gepäck haben sie Kaffee gegen die lähmende Müdigkeit – und viele Fragen.
Heute können wir zum ersten Mal in der Praxis ausprobieren, woran wir, unser Team und die Experten vom Education Innovation Lab monatelang gearbeitet haben: "Grundeinkommen macht Schule", unsere Lernreise zum Bedingungslosen Grundeinkommen fürs Klassenzimmer.
Wie werden die Schüler*innen das Lernmaterial finden? Ist es anspruchsvoll genug? Ausgewogen genug? Werden wir die Jugendlichen langweilen? Oder werden sie so intensiv über das Grundeinkommen diskutieren, wie wir uns das erhoffen?
Uns ist klar, dass dieser Tag nicht nur eine Lernreise für die Schüler*innen wird, sondern auch für uns selbst.
Um kurz vor zehn Uhr stehen wir vor dem Ernst-Moritz-Arndt-Gymnasium im Osnabrücker Stadtteil Sonnenhügel. Wie passend, finden wir, denn in diesem Moment hört der Regen auf und die Sonne bricht durch.
Der Wetterwechsel freut besonders André und Volker. Sie beide müssen draußen bleiben, die Corona-Regeln erlauben nur zwei Besucher*innen gleichzeitig. Nur Christian und unsere Fotografin Helena, die in Hannover zu uns gestoßen ist, dürfen ins Schulgebäude.
Dann lernen wir Bettina kennen. Die Lehrerin für Deutsch und Werte und Normen hat uns eingeladen, mit ihrer elften Klasse unser Lernmaterial zu testen. Seit mindestens drei Jahren steht das Bedingungslose Grundeinkommen bei ihr auf dem Lehrplan. Sogar eine Klassenarbeit hat sie schon darüber schreiben lassen.
"Ich bin eine große Anhängerin davon, dass meine Schüler*innen aktuelle Themen diskutieren, die vielleicht auf dem Wahlzettel stehen, wenn sie bald zum ersten Mal wählen können", erzählt Bettina.
Wirklich viel Lernmaterial zum Bedingungslosen Grundeinkommen gebe es aber nicht. "Bisher habe ich meistens zuerst eine These zur Gerechtigkeit an die Wand geworfen. Dann haben wir erst mal geklärt, was das Grundeinkommen eigentlich ist und Pro- und Contra-Argumente recherchiert. Bis wir die ersten Antworten gefunden hatten, war dann oft schon eine Doppelstunde rum."
Kann unser Lernmaterial diese Lücke füllen? Wir können es kaum abwarten, bis die Schulklingel endlich die nächste Stunde einläutet.
23 Schüler*innen des Werte und Normen-Kurses sitzen vor Christian, als er sie und Bettina kurz durch das interaktive Lernmaterial führt. Immer drei oder vier Schüler*innen teilen sich ein Tablet, auf dem sie durch die Aufgaben, Lernspiele und viele Links zur Recherche scrollen.
Schnell teilt sich der Kurs in kleine Gruppen, die sich auf unterschiedliche Fragen zum Grundeinkommen stürzen. Es wird laut im Klassenraum, die meisten diskutieren schon heftig miteinander. Ein gutes Zeichen, finden wir.
Eine Lerngruppe kommt zu André und Volker nach draußen auf den Schulhof. Die vier Jungs lassen sich auf einer Bank nieder und starten ein Erklärvideo auf ihrem Tablet. Gott sei Dank reicht das WLAN bis hierher.
Was wissen die Jugendlichen über das Grundeinkommen? "Ich wusste vor dem Unterricht noch gar nichts davon", sagt die 16-jährige Denü. Yannic, ebenfalls 16 Jahre alt, geht es ähnlich: "Ich habe vorher wenig davon gehört. Ich hatte die Vorstellung, dass es in Richtung Sozialhilfe geht."
Je länger die Doppelstunde dauert, umso konkreter scheint die Vorstellung vom Grundeinkommen für die Schüler*innen zu werden, beobachten wir. Die Lerngruppen diskutieren jetzt über Gerechtigkeit zwischen arm und reich, über Kosten und Finanzierbarkeit, sogar über mögliche Folgen für die psychische Gesundheit.
"Die Frage, die wir in der Gruppe am meisten diskutiert haben, war, ob Reiche das Grundeinkommen auch bekommen sollten", sagt Denü. Ihre Antwort: "Ja, es wäre fair. Aber eigentlich brauchen sie es ja nicht. Sollten sie es dann nicht eher den Ärmeren geben?"
Christian hat im Klassenzimmer noch ein Ass im Ärmel. Wir wollen interessierten Schulklassen den direkten Austausch mit unseren Gewinner*innen ermöglichen. Ihre praktischen Erfahrungen mit dem Grundeinkommen bewegen mehr als jedes Erklärvideo.
Für den Test heute in Osnabrück hat Christian unsere Gewinner*in Daphne per Videochat eingeladen. Gäbe es Corona nicht, wäre Daphne sogar persönlich in die Schule gekommen. Sie lebt nur 30 Kilometer entfernt in Melle.
Die Jugendlichen löchern Daphne mit Fragen, reichen das Handy von einem zur nächsten weiter. "Arbeiten Sie mit Grundeinkommen noch? War es eine gute Starthilfe nach dem Studium? Würden denn die positiven oder die negativen Seiten eines Grundeinkommens für alle überwiegen?"
Es macht Spaß, dabei zuzuhören, wie die Schüler*innen und Daphne sich in eine Diskussion vertiefen. "Auch mit Grundeinkommen hat jeder Mensch das Recht, keine intelligenten Entscheidungen zu treffen. Sich ungesund zu ernähren, zum Beispiel", hören wir Daphne im Vorbeigehen sagen.
"Ich fand's toll, dass wir mit einer Gewinnerin des Grundeinkommens videochatten konnten", sagt Tara (16). "Es war schön zu sehen, dass jemand, der das Grundeinkommen schon erhält, es genauso positiv sieht wie ich. Das hat mich in meiner Meinung bestärkt."
Die Zeit läuft uns davon. Nur noch fünfzehn Minuten bis zum Unterrichtsschluss. Bettina ruft alle Schüler*innen zusammen, um ihre Erkenntnisse zusammenzutragen. Dann läutet die Schulglocke.
Wie fand die Klasse die Arbeit mit unserem Material? "Mir hat es sehr gut gefallen. Die Website ist sehr strukturiert. Da ist alles drauf, was man braucht zum Recherchieren", sagt Denü. Yannic ergänzt: "Die Seite fand ich schon recht übersichtlich. Sie ist so angelegt, dass auch Jüngere sie verstehen könnten."
Und was sagt Bettina als Lehrerin? "Es ist schon ein bisschen differenzierter als das, was ich bisher benutzt habe, weil ihr auch mehr Fragen stellt, die die Schüler anregen."
Natürlich gibt es zum Schluss auch Kritik und Ideen, was wir noch besser machen können. Dafür sind wir ja hier. "Eure Zeitplanung war sportlich", sagt die Pädagogin. Auch viele Schüler*innen hätten sich mehr Zeit zum Recherchieren und Diskutieren gewünscht.
Wir sind dankbar für das tolle und gleichzeitig ehrliche Feedback. Wir werden "Grundeinkommen macht Schule!" bis zum offiziellen Start im November immer weiter verbessern, versprechen wir der elften Klasse in Osnabrück zum Abschied.
Es ist mittlerweile Nachmittag. Mit vollen Notizbüchern und jeder Menge Ideen machen wir uns auf den Weg zurück nach Berlin. Was für eine Lernreise!
Unser fertiges Lernmaterial "Grundeinkommen macht Schule!" kannst du hier selbst ausprobieren. Sag uns doch in den Kommentaren, wie du es findest! Wenn es dir gefällt, teile es gerne mit Lehrer*innen, Eltern und Schüler*innen, die du kennst. So bringen wir gemeinsam das Grundeinkommen auf jeden Lehrplan.