Was haben Alaska, Kenia und Norwegen miteinander zu tun? Wir stellen dir drei Modelle vor, die Ressourcen gerechter verteilen und so auf globaler Ebene mehr Klimagerechtigkeit herstellen können.
Wenn das Leben dir Öl gibt, mach ein Bedingungsloses Grundeinkommen daraus! So oder so ähnlich könnte sich das die Bevölkerung des US-amerikanischen Bundesstaats Alaska gedacht haben, als sie 1982 per Volksentscheid den Alaska Permanent Fund (APF) etablierte. Er wurde eingeführt, um die Gewinne aus den Ölvorkommen an die Einwohner*innen von Alaska zu verteilen.
Alaska Permanent Fund (APF)
Jeder Mensch, der in Alaska lebt, bekommt jährlich einen Anteil der Erdöleinnahmen, im letzten Jahr waren das etwa 1.300 Dollar pro Person. Dadurch hat sich Alaska von der Region mit der höchsten, zum Bundesstaat mit der geringsten Einkommensungleichheit entwickelt. Die Idee dahinter ist eigentlich ganz einfach: Bodenschätze wie Öl sind Gemeinschaftseigentum.
Mit dieser Überzeugung könnte der AFP eine Inspiration für weltweite Klimagerechtigkeit sein. Denn eigentlich gehört die Erde ja niemandem. Aber wenn, dann gehört sie uns allen! Aktuell profitieren jedoch nur sehr wenige von der Ausbeutung des Planeten. Große Konzerne machen Milliardengewinne mit fossilen Brennstoffen, während die, die am wenigsten zur Klimakrise beitragen, unter den Konsequenzen leiden.
Hannah El-Hitami ist freie Journalistin aus Berlin. Sie schreibt über Gesellschaft und Politik, Migration und Völkerrecht. Ihre Artikel sind unter anderem erschienen bei SPIEGEL, TAZ, Fluter, im Greenpeace Magazin und dem Amnesty Journal.
Alle Menschen für die finanziellen Folgen der Klimakrise entschädigen
Stellen wir uns eine globale Variante des APF vor: Alle Profite aus klimaschädlichen Industrien wie Erdöl oder Kohle würden gerecht auf die Weltbevölkerung aufgeteilt. Der Reichtum aus endlichen Ressourcen würde nicht mehr in den Händen weniger Umweltausbeuter*innen konzentriert sein.
Allein das würde schon einen großen Unterschied machen. Denn wenn sich diese Industrien finanziell nicht mehr so extrem lohnen würden, wäre das für Unternehmen vielleicht ein entscheidender Anreiz, mehr in umweltschonende Innovationen zu investieren.
Doch immerhin landet der Großteil der Einkünfte in Norwegens Staatsfonds. Das gut gefüllte Sparkonto zahlt zwar keine direkten Anteile an die Bevölkerung aus, soll aber die Zeit nach dem Öl finanzieren. Auch der kleine Golfstaat Kuwait legt die Erdöleinkünfte für eine Zukunft ohne Öl an – schon seit 1953!
Doch egal, ob das Geld direkt ausgezahlt oder für zukünftige Generationen angelegt wird, ein Problem gibt es bei all diesen Staatsfonds: Sie verteilen nicht global um, sondern nur an ihre eigene Bevölkerung. Der Klimawandel ist jedoch eine globale Herausforderung, die sich nicht an Ländergrenzen hält.
Ressourcen werden in einem Teil der Welt ausgebeutet, um den Lebensstandard in einem anderen Teil der Welt zu ermöglichen, was wiederum bereits heute zu extremen Wetterbedingungen in einem dritten Teil der Welt führt. Eine klimagerechte Umverteilung muss also unbedingt jenseits von Nationalstaaten stattfinden.
Die US-amerikanische Organisation GiveDirectly zahlt von New York aus seit 2016 Geld an Menschen in 195 kenianischen Dörfern aus. Die Empfänger*innen müssen dafür nichts tun und dürfen das Geld nutzen, wie sie wollen. Das spendenfinanzierte Projekt soll bis 2028 laufen und erreicht etwa 23.000 Menschen.
Um die langfristige Wirkung dieses Bedingungslosen Grundeinkommens zu testen, bekommen verschiedene Gruppen auf unterschiedliche Weise Geld. Manche erhalten zwölf Jahre lang jeden Monat 22,50 Dollar, andere nur zwei Jahre lang. Eine Testgruppe erhielt stattdessen 500 Dollar auf einen Schlag, danach nichts mehr.
Jedoch war das Gegenteil der Fall: Viele Menschen dieser Testgruppe nutzten das Geld, um den ersten Schritt einer Geschäftsidee zu finanzieren. Mit einer großen Geldsumme lässt sich zum Beispiel ein Auto für ein Taxi-Unternehmen anzahlen, eine Bude für einen Straßenverkauf oder ein landwirtschaftliches Gerät kaufen.
Aber auch die Menschen, die regelmäßig kleine Beträge erhalten, haben sich inzwischen in Spargemeinschaften zusammengefunden. Alle Mitglieder einer Gemeinschaft schmeißen ihr Grundeinkommen jeden Monat in einen Topf. In regelmäßigen Abständen bekommt je eine Person das ganze Geld und kann eine größere Anschaffung tätigen.
Das Experiment in Kenia zeigt, dass viele Menschen nur eine Investition davon entfernt sind, sich langfristig selbst versorgen zu können. Doch weil sie nichts besitzen, können sie kein Geld leihen. Und ohne Startkapital können sie ihr Unternehmen nicht ins Rollen bringen.
Eine wichtige Lehre aus dem Projekt ist außerdem, dass Menschen sich viel eher trauen, ein Geschäft aufzumachen, wenn sie wissen, dass ihre Mitbürger*innen auch ein Bedingungsloses Grundeinkommen erhalten. So können sie sicher sein, dass ihr Unternehmen in Zukunft zahlende Kund*innen haben wird.
Nur eine Übergangslösung
Denken wir nun das Pilotprojekt aus Kenia mit den Staatsfonds in Alaska und Norwegen zusammen, und sehen uns das Ganze durch die Klimagerechtigkeits-Brille an, könnte Folgendes dabei herauskommen:
Ein globales Bedingungsloses Grundeinkommen, das die Profite aus klimaschädlichen Industrien rückverteilt. Dort, wo die Folgen der Klimakrise bereits spürbar sind, könnten Menschen dieses Geld nutzen, um innovative Projekte zu starten und wirtschaftlich unabhängig zu werden.
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Ist sie das also, die perfekte Kombination aus sozialer Gerechtigkeit und Klimaschutz weltweit? Nun, die Realität ist leider etwas komplizierter. Mal ganz abgesehen davon, dass Großkonzerne ihre lukrativen Geschäftsprofite nicht einfach so teilen werden und das jahrhundertealte Machtungleichgewicht zwischen globalem Norden und Süden auf einer Vielfalt komplizierter Ursachen basiert – einen großen Haken gibt es außerdem: die Idee funktioniert nur, solange mit der Ausbeutung des Planeten Profit gemacht wird.
So toll es ist, aus etwas Schlechtem etwas Gutes zu machen, so wenig sinnvoll wäre es, sich von etwas Schlechtem abhängig zu machen. Eine Umverteilung der Erdöleinkommen mag sozial gerecht sein, aber Ziel ist doch eigentlich, dass gar kein Erdöl mehr gefördert wird.
Soziale Gerechtigkeit zuerst!
Das Wetter wird extremer, die Ungleichheit auch – ist Klimagerechtigkeit die Lösung für beides?
Könnte eine Beteiligung aller an den Profiten sogar dazu führen, dass viele Menschen sich für die Fortführung klimaschädigender Industrien aussprechen würden, weil sie finanziell davon abhängig wären?
Das ist nicht auszuschließen. Doch wahrscheinlich würde so eine Umverteilung eine Eigendynamik entwickeln. Klimaschädigende Industrien würden sich weniger lohnen und nach und nach durch umweltfreundliche Alternativen ersetzt werden. Menschen auf der ganzen Welt würden die Starthilfe bekommen, die sie brauchen, um langfristig aus der Armut herauszukommen.
Wenn die Profite aus fossilen Brennstoffen dann irgendwann versiegen, wäre die Welt vermutlich schon eine ganz andere geworden – eine, in der klar ist, dass der Planet uns allen gehört und nur auf Basis sozialer Gerechtigkeit geschützt werden kann.
Was glaubst du? Ist über die CO₂-Steuer auch möglich, was in Alaska und Norwegen über Erdöleinnahmen und Co. bereits gang und gäbe ist? Verrate es uns in den Kommentaren!