Der Kampf gegen den menschgemachten Klimawandel ist mühsam. Er kostet Zeit und Geld, und er trifft die am härtesten, die die Krise am wenigsten verursacht haben. Instrumente stehen zwar zur Verfügung, zum Beispiel in der Form von CO₂-Steuern, nur: Sind die auch wirklich gerecht?
Es wird uns Menschen eine ganze Menge abverlangt in diesen Zeiten: Uralte Konflikte werden erhitzt, verachtende Politik wird wieder salonfähig, und der katastrophale Klimawandel hat noch gar nicht gezeigt, was er wirklich alles (kaputt machen) kann. Aufhalten werden wir ihn nicht mehr. Aber noch können wir eine Menge tun, um die Schäden zu begrenzen – eine Jahrhundertaufgabe.
Als wäre das nicht genug, kommt eine ähnlich herausfordernde Frage dazu: Wie lässt sich der Planet retten, ohne dass die Menschheit noch weiter auseinanderdriftet als ohnehin schon der Fall?
Oxfam titelt zum Beispiel so: "Das reichste 1 Prozent schädigt das Klima doppelt so stark wie die ärmere Hälfte der Welt". Diese Ungleichheit und die drohende Spaltung der Gesellschaft zu verringern – und gleichzeitig den Klimawandel einzudämmen: Das nennt sich dann Klimagerechtigkeit.
Die gute Nachricht ist, dass am Klimahorizont viele Chancen dämmern, in Form von technischer Innovation, neuen Arbeitsplätzen und guter Luft. Ein politisches Steuerungsinstrument gibt es schon – CO₂-Steuern – und auch das Klimageld steht endlich in den Startlöchern. Aber reicht das?
Schuld sind nicht die Bürger*innen
Seit eines berüchtigten Marketing-Stunts von BP im Jahr 2004 wird in die Ursachenforschung der Erderwärmung sehr schnell der persönliche C02-Fußabdruck eingebunden – und damit ein Narrativ inszeniert, das die Lösung dieses Problems bei den Bürger*innen verortet.
Ja, es ist leicht nachvollziehbar, dass ein 66-jähriger, SUV-fahrender Pensionär vom Starnberger See mehr CO₂ emittiert als eine radfahrende Studentin aus Köln. Wer aber suggeriert, das Problem wäre gelöst, würden jetzt nur alle Fahrrad fahren und vegan in Flugscham leben, wälzt das Thema ab von denen, die die CO₂-Emmissionen wirklich kontrollieren: Staaten und Unternehmen.
Die unfaire Verteilung der Klimaeffekte findet sowohl auf der gesellschaftlichen, als auch der intergenerationalen und der internationalen Ebene statt. Für die gerechte Rückverteilung auf innergesellschaftlicher Ebene gibt es die (national) und den CO₂-Emissionshandel (EU).
Wer also mehr emittiert, soll auch mehr zahlen, das klingt logisch. Als innergesellschaftliches Umverteilungsinstrument reicht solch eine Konsumsteuer aber nicht aus, denn sie trifft diejenigen am meisten, die am wenigsten haben. Das führt dazu, dass der Wohlstand der Bürger*innen noch weiter auseinander driftet.
Selbst wirtschaftsliberale Parteien sehen mittlerweile ein, dass der Markt aus freien Stücken kein CO₂ reduzieren wird, also ist Konsens: Unternehmen müssen bei Emissionen reguliert werden. Wie die Mehrkosten dann auf die Bürger*innen aufgeteilt werden, können wir ja dann später noch schauen. Oder so ähnlich.
Wir wissen bereits: Wer mehr verdient, verursacht mehr Treibhausgase – im Flugzeug, im Eigenheim, an der Käsetheke. Dafür muss man nicht superreich sein, und das ist auch nicht per se moralisch verwerflich, es ist erstmal eine Feststellung.
Angenommen, der Warenkorb einer vierköpfigen Familie wird aufgrund der ansteigenden CO₂-Steuer um 20 Prozent teurer. Verdient die Familie etwa 100.000 Euro jährlich, dann wäre der Effekt, die Nase zu rümpfen und am Wochenende etwas mehr Gouda als Manchego zu essen. Für eine Familie an der Armutsgrenze (31.250 Euro jährlich) bedeutet es hingegen: Kein Käse und kein Urlaub.
Grüne und die Länder sprechen sich jetzt zwar auch für ein Klimageld ab 2025 aus – die FDP stellt sich aber trotz Koalitionsvereinbarung noch dagegen. Die Daumen bleiben gedrückt.
Wir müssen Klimaschutz als Chance begreifen
Verwunderlich in der Klimadebatte ist das ständige Augenmerk auf die Kostenseite: Skandinavische Länder machen vor, wie eine konsequente Klimapolitik und ein Fokus auf CO₂-Neutralität und wirtschaftlichen Erfolg gut miteinander einhergehen. Dänemark und Schweden sind führend beim Environment Protection Index und gleichzeitig beim Bruttoinlandsprodukt pro Kopf auch ganz oben mit von der Partie.
Besonders dem Ingenieursland Deutschland sollte doch folgende Erkenntnis in die Karten spielen: Wenn weltweit CO₂-Abgaben steigen, dann wird CO₂-neutrale Produktion zum Business Case. Nach jahrzehntelangem Fokus auf Kostensenkung, endlich eine neue notwendige Bedingung für die Maschinenbauer*innen unseres Landes.
Einge Startups machen es bereits vor, wie etwa die Berliner ECF Farms. Sowohl ihre urbanen Farmen und die Aquaponik-Systeme, bei denen Barsche mit ihren Ausscheidungen das darüber wachsende Basilikum düngen, produzieren lokal (und auf sehr engem Raum) CO₂-sparend Nahrungsmittel. Es ist ein kleiner Impuls, der aber zeigt, dass die Agrarwende möglich ist.
In Sachen Energiewende zeigt uns 1Komma5, wie es geht. Das Startup bietet Unternehmen den vollen Service bei der Umrüstung auf autark generierten Photovoltaikstrom, und hat es innerhalb von drei Jahren auf eine Milliardenbewertung und mehr als 1.500 Mitarbeiter gebracht – Arbeitsplätze mit Perspektive.
Wer regenerativ wirtschaftet, setzt noch einen drauf. So wie die Teppichfliesenspezialisten von Interface, die mit jeder Teppichfliese CO₂ binden und somit Produkte mit negativen Emissionen verkaufen.
Soziale Gerechtigkeit zuerst!
Das Wetter wird extremer, die Ungleichheit auch – ist Klimagerechtigkeit die Lösung für beides?
"Es kann nur umverteilt werden, was vorher erwirtschaftet wurde." Von Wirtschaftsliberalen wird diese Binsenweisheit oft wiederholt, um von sozialen Fragen abzulenken. Aber es ist offensichtlich kein Widerspruch: Die Klimakrise bietet Chancen für Innovation und Wirtschaftswachstum, das getrost umverteilt werden darf.
Und vielleicht ja sogar mit Hilfe des "ganz großen Klimageldes": Eine kürzlich erschienene Denkschrift, unterschrieben von 39 Wissenschaftler*innen, fordert eine (Mit)-Finanzierung des Bedingungslosen Grundeinkommens über unökologischen Konsum (wie etwa den Flugverkehr). Dies erwirke die "Umverteilung von oben nach unten, da Reiche unökologischer konsumieren und für hohe klimaschädliche Emissionen verantwortlich sind." So steht es im Memorandum geschrieben. Will heißen: Das Grundeinkommen hat Klimagerechtigkeit bereits in seiner Grundausstattung mit eingebaut.
Grundeinkommen aus einer CO₂-Steuer? Das geht!
Wie das gehen soll und wie das Bedingungslose Grundeinkommen dabei sogar noch die Akzeptanz von Klimaschutzmaßnahmen stärken kann – darüber sprechen wir in den kommenden Wochen mit dir.
Bis dahin interessiert es dich aber vielleicht, dass ein BGE aus den Einnahmen einer CO₂-Steuer finanziert werden könnte. In unserem Rechner kannst du selbst der Staat sein, der ein Grundeinkommen für alle einführt. Probiere es einfach mal aus!