Zehn Jahre, 1.900 Gewinner*innen – und immer wieder die Frage: Was passiert, wenn die finanzielle Unsicherheit verschwindet? Unsere Gewinner*innen haben mit dem Grundeinkommen neue Wege eingeschlagen und kleine wie große Neuanfänge gewagt. Diese zehn Geschichten haben uns besonders beeindruckt.
1. Ein Anruf zum Weinen
4 • 14 • 14 • 1 – so lautet die Losnummer von Teilnehmerin Kati. Ans Telefon geht aber nicht Kati, sondern ihre Tochter: "Ich habe meine Telefonnummer eingetragen, meine Mutter geht ja eh nie an ihr Handy."
In unseren Verlosungen rufen wir stets einige Gewinner*innen an, um ihnen live zu ihrem Grundeinkommen zu gratulieren. Jedes Mal sind wir natürlich ganz gespannt auf die Reaktion am anderen Ende der Leitung – und als wir vor wenigen Wochen schließlich Katis Tochter in der Leitung haben, wird uns das alle zu Tränen rühren.
Die nämlich ist von unserem Anruf völlig überwältigt und freut sich riesig für ihre Mutter. Ihre Eltern seien damals aus Kasachstan eingewandert: "Meine Mama, die arbeitet schon immer, die putzt schon immer", erzählt uns die Tochter. Trotzdem konnte Kati erst spät in die Rentenkasse einzahlen – so arbeitet sie heute immer noch, obwohl sie längst ihr Rentenalter erreicht hat.
Und dann kommt auch schon die nächste Überraschung: Kati bildet ein Freundschafts-Tandem mit ihrer Tochter. Das heißt, beide bekommen je ein Grundeinkommen! Spätestens mit dieser Nachricht bleibt kein Auge mehr trocken. "Danke an alle, die das ermöglicht haben", hören wir die tränenerstickte Stimme, es sind Tränen purer Freude.
2. Grundeinkommen wirkt – und wirkt – und wirkt
"Das hat mein ganzes Leben umgewälzt." Christoph hat bei unserer allerersten Verlosung im Jahr 2014 ein Grundeinkommen gewonnen. Und es veränderte alles für ihn.
Durch das Grundeinkommen konnte der damals 26-Jährige nämlich einen neuen Berufsweg einschlagen: Er gab seinen Job im Callcenter auf, den er – mit einer kaufmännischen Ausbildung im Gepäck – vor allem aus Sicherheitsgründen gewählt hatte.
Dann begann er sein Studium der Kindheitspädagogik. Christoph fasste im sozialen Bereich Fuß und kann heute sagen, dass er seine neue Arbeit sehr schätzt: "Ich habe das Gefühl, dass ich damit etwas bewirken kann. Das hatte ich vorher nicht."
Christoph leidet an Morbus Crohn, einer chronischen Darmentzündung. Mit dem Grundeinkommensgewinn ließen die Beschwerden nach, was Christoph selbst kaum glauben kann: "Als hätte mir jemand eine Heilung gegeben, das ist ganz irrwitzig. Mir haben auch die Ärzt*innen gespiegelt: Das ist total erstaunlich."
Alexandra lebt zusammen mit ihren drei Kindern im Berliner Stadtteil Pankow. "Finanziell mussten wir immer zurückstecken", sagt sie.
Ihr Sohn Casey gewann im Sommer 2020 Grundeinkommen. Alexandra erinnert sich noch genau an die Zeit damals: "Wir hatten finanzielle Schwierigkeiten, uns ging es absolut nicht gut und ich war total verzweifelt." Dann kam die Gewinnbenachrichtigung. "Ich hab’ mich tierisch gefreut, laut gejubelt!"
Mit dem Grundeinkommen konnte Casey endlich ein ganzes Jahr lang in den Fußballverein gehen. Neue Anziehsachen und die nötigsten Anschaffungen waren auf einmal problemlos machbar. "Ich konnte echt in den Laden gehen und den Kindern neue Schuhe kaufen", erzählte uns Alexandra bei unserem Besuch 2021 und klang dabei immer noch etwas verwundert.
Das Jahr mit Grundeinkommen war für Alexandra und die Kinder eine große Erleichterung in alltäglichen Dingen – zu Geburtstagen und Festen gab es obendrauf schöne Geschenke. Mit Blick auf Weihnachten sagt Alexandra, dass das größte Geschenk aber immer noch die Familie sei: "Wenn die Familie gesund ist und zusammensitzen kann."
Hat jemand die Kindergrundsicherung gesehen?
In unserer Video-Kolumne macht sich die Journalistin Mareice Kaiser auf die Suche nach den verschwundenen Milliarden.
4. "Ich bin safe: Miete, Strom – das kann ich bezahlen."
Wäre es hart auf hart gekommen, hätte Stephan von den 1.000 Euro im Monat leben können. Das gab ihm eine enorme Ruhe, als er 2020 Grundeinkommen für ein Jahr gewann – und so sortierte er sein ganzes Leben neu.
Früher, als Stephan noch LKW-Fahrer war, verbrachte er bis zu dreihundert Stunden im Monat auf der Autobahn. Seine Beziehung ging daran kaputt, seine Gesundheit sowieso.
Sein Gehalt kam so unregelmäßig, dass er seine Miete nicht mehr bezahlen konnte – und in der Folge sogar aus seiner Wohnung flog: "Es war meine schlimmste Angst, noch einmal mein Zuhause zu verlieren. Von jetzt auf gleich obdachlos zu sein, obwohl man ja arbeiten geht."
Dann, mit dem Grundeinkommen, wusste Stephan auf einmal: "Ich bin safe. Miete, Strom – das kann ich bezahlen." Er konnte runterfahren und sein Leben neu ausrichten: Den LKW-Job kündigte er, seitdem arbeitet er im Vertrieb einer Großbäckerei.
Gleich nach seinem Gewinn meldete sich Stephan außerdem im Fitnessstudio an, entdeckte den körperlichen Ausgleich zu seinem Arbeitsalltag – und nahm innerhalb eines knappen Jahres 25 Kilo ab.
Als wir Stephan drei Jahre nach seinem Grundeinkommensjahr besuchten, zeigte er uns stolz sein Haus, das er nach und nach gemeinsam mit seiner neuen Partnerin ausbauen will. Zwischen freigelegten Balken und Tapetenresten redeten wir mit ihm darüber, wie Geld in Deutschland umverteilt werden könnte, und dass Menschen mit einem Grundeinkommen bessere Entscheidungen treffen würden – so wie Stephan selbst eben.
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Den Nebel auf unserem Weg nach Stralsund erkennen wir wieder, aber diesmal bleibt der schneidige Wind aus. Der Bodden, unweit von Anjas Wohnung, ist bügelglatt.
Wir erinnern uns noch gut an Anjas Erzählung vom Grundeinkommen: Es half ihr damals, in einer Umbruchphase. Sie beschrieb es als Sicherheitsanker. Anja war da gerade mit zwei kleinen Kindern von Thüringen nach Stralsund gezogen und fasste beruflich neu Fuß.
Anja arbeitet auch heute noch in der Beratungsstelle BeLa. Dort begleitet sie Betroffene von häuslicher Gewalt. Schon bei unserem ersten Besuch, im Corona-Jahr 2020, berichtete Anja von immer mehr Fällen. Als wir jetzt wieder nachfragen, ist die bedrückende Antwort: "Die Zahl steigt nach wie vor."
Anja ist überzeugt: Ein Grundeinkommen würde bei den Frauen, die sie begleitet, viel verändern. Finanzielle Abhängigkeit spiele eigentlich immer eine Rolle, beobachtet Anja. Sie sagt: "Mit Grundeinkommen könnten Frauen wieder handlungsfähiger werden."
6. Von der Theorie zur Praxis
Hat Daphne vielleicht ihren eigenen Gewinn heraufbeschworen? Sie beschäftigt sich nämlich schon sehr lange mit dem Konzept Grundeinkommen: Eine Dokumentation, in der es um die Neugestaltung unserer Arbeitswelt geht und in der das Grundeinkommen eine zentrale Rolle spielt, ließ sie Feuer für das Thema fangen.
Daphnes Interesse am Grundeinkommen war irgendwann so groß, dass sie dem Thema sogar ihre Bachelorarbeit widmete: Für den Abschluss ihres Studiums in Kommunikationsdesign entwickelte sie eine Internetseite – die Informationsplattform Gute Gründe Grundeinkommen.
2019 saß Daphne dann mitten an den Vorbereitungen für ihre Abschlussarbeit, als sie tatsächlich selbst ein Grundeinkommen gewann! Plötzlich konnte sie ihr theoretisches Wissen in der Praxis – und an sich selbst – testen.
Als wir sie während ihres Grundeinkommensjahrs besuchten, brannte sie nach wie vor fürs Thema Grundeinkommen. Daphne glaubt, dass in jedem Menschen Ideen schlummern, die durch die finanzielle Sicherheit des Grundeinkommens zu sinnstiftenden Tätigkeiten führen können.
Auch in Daphne selbst wuchsen viele Ideen heran in ihrem Grundeinkommensjahr, sie möchte damit viel bewirken: Sie gründete ein Designbüro mit der Zielsetzung, nur Aufträge für nachhaltige Projekte anzunehmen. "Nicht einfach irgendwas schön machen, sondern sinnvolle Projekte und Inhalte gestalten, die es auch wert sind, gestaltet zu werden."
7. Doppeltes Glück
Uns bleibt der Mund offen stehen, damit haben wir nun wirklich nicht gerechnet: Franzi, die 2018 schon einmal ein Grundeinkommen von uns bekommen hat, gewinnt zwei Jahre später zum zweiten Mal. Was für ein enormer Zufall! Und ein richtig schöner, wie wir finden.
Franzi plagten vor ihrem ersten Grundeinkommensjahr existenzielle Sorgen. Sie war da gerade am Ende ihrer Elternzeit und fragte sich, wie sie die Zukunft finanziell stemmen sollte.
Das war schon damals so gewesen, als sie endlich ihren positiven Schwangerschaftstest in der Hand gehalten hatte. Trotz ihres langjährigen Kinderwunsches überwogen dann erstmal Franzis finanzielle Ängste: "Das macht dieses System mit uns. Unfassbar, oder?"
Franzis erstes Grundeinkommen sichert dann aber zum Glück die Existenz ihrer neuen, kleinen Familie. Gemeinsam können sie aus ihrer von Schimmel befallenen Wohnung in eine bessere umziehen, Franzi und ihr Partner nach der Elternzeit beide einen beruflichen Wiedereinstieg finden.
In ihrem zweiten Grundeinkommensjahr dann investiert Franzi das Geld vor allem in gemeinsame Zeit – in Unternehmungen mit ihren mittlerweile zwei Kindern und in exklusive Zeit zu zweit mit ihrem Partner: "Das ist der wichtigste Faktor für das Gelingen unserer Ehe."
Franzi fühlt auch eine große Dankbarkeit: "Da denken sich ein paar Leute: 'Komm, wir machen jetzt die Welt besser', noch ein paar mehr Leute finden das gut und geben Geld dafür – und dann trifft es mich gleich zweimal. Das ist und bleibt der Wahnsinn!"
8. Zeit ist Zufriedenheit
Seit Februar bekommen Norbert und Sabine als Tandem-Paar je ein Realistisches Grundeinkommen. Sabine gibt aufgrund ihres Einkommens regelmäßig einen Teil des Grundeinkommens wieder zurück an den Grundeinkommenstopf. Norbert, aktuell ohne Einkommen, behält die komplette Summe. Für beide sorgt das Grundeinkommen schon jetzt für mehr Lebensqualität.
Wie schon sein Vater und Großvater vor ihm, arbeitete auch Norbert als Binnenschiffer auf seinem eigenen Frachtschiff. Tagein, tagaus steuerte er als Kapitän das fast 80 Meter lange Boot über den Rhein. Seine Frau Sabine und seinen "Junior", wie Nobert seinen Sohn nennt, sieht er selten.
Nach Jahrzehnten auf dem Wasser, als der Stress um das Frachtgeschäft nicht mehr auszuhalten ist, zieht Norbert die Reißleine. Er verkauft sein noch mit Schulden belegtes Boot und kehrt nach Hause zurück. Genau zu diesem Zeitpunkt gewinnt Norbert sein Grundeinkommen. Er atmet auf. Norbert ist nun erstmal Hausmann und kümmert sich um seinen über 80-jährigen Vater.
Sabine arbeitet als Bürofachkraft für Sanitär- und Heizungstechnik. Mit dem Wegfallen von Norberts Gehalt erhöht sie ihre Stunden. Aber trotzdem haben beide in Summe jetzt viel mehr Zeit für sich und ihre Freunde. Sabine lächelt: "Wir sind zufriedener."
1.001 Dankeschöns zu gewinnen
Kein Grundeinkommen ohne Crowdhörnchen. Dafür sagen wir Danke! Unter allen Crowdhörnchen verlosen wir 1.001 spezielle Dankeschöns, die es nirgendwo anders gibt. Bist du dabei?
9. "Weniger Geld in der Tasche fühlt sich hier nicht wie ein Verlust an."
Wir schrieben das Jahr 2019, als zwei Schwestern, Judith und Rachel, jeweils ein Grundeinkommen gewannen. Je 1.000 Euro monatlich für ein Jahr. So weit, so gleich.
Die Berufe der beiden, und damit auch ihre Einkommen, hätten jedoch unterschiedlicher nicht sein können. Judith ist selbständig und arbeitet als Bühnenbildnerin. Ihr Gehalt bekommt sie unregelmäßig – und es fällt meistens gering aus.
Rachel hingegen ist als Wirtschaftsmathematikerin fest angestellt. "Ich habe das große Glück, dass der Job, den ich gerne mache, auch gut bezahlt wird", sagt sie. Sie zählt in Deutschland zu den Gutverdiener*innen.
Inzwischen ist der Lohnunterschied der beiden Schwestern geringer geworden: Judith wird für ihre Projekte besser bezahlt und Rachel hat ihre Arbeitsstundenzahl reduziert.
Aber zurück zum Grundeinkommen von damals: Was bedeutete ihnen das Geld? Müssten sie nicht ganz verschiedene Antworten darauf geben? Zu unserem Erstaunen benennen beide aber das Wort "Sicherheit".
Judith sagt: "Das zusätzliche Einkommen hat mich einfach entspannter gemacht. Und ich hab jetzt endlich mal eine Art Altersvorsorge angelegt."
Rachel legte die Hälfte ihres Grundeinkommens zurück für die Ideen, die das Grundeinkommen bei ihr ausgelöst haben, für die sie sich aber noch keine Zeit genommen hatte. Die andere Hälfte hat sie – bedingungslos – an eine Bekannte weitergegeben.
Heute sagt sie übrigens: "Ich kann jetzt sehen, wie sich die Einführung des Grundeinkommens auf mein persönliches Einkommen auswirken würde." Und auch die Erkenntnis, dass sie am Ende weniger Netto in der Tasche hätte, ändert nichts an ihrer Einschätzung:
10. Durch die Angst hindurch
Wir sind froh, dass wir Lina gerade noch so in Potsdam erwischen. Sie bricht hier nämlich bald ihre Zelte ab und wandert in den Senegal aus. Eine von vielen Veränderungen seit dem Grundeinkommen.
In der Nähe ihrer schon ausgeräumten Wohnung nimmt Lina auf einer von Herbstblättern geschmückten Parkbank Platz. Hier erinnert sie sich an ihr Grundeinkommensjahr, das Ende 2021 seinen Anfang nahm.
Mit dem Grundeinkommen habe sie ihre Komfortzone verlassen, erzählt Lina. Seit ihrer Kindheit hat sie eine audiovisuelle Wahrnehmungsstörung, sprachlich habe sie damit ihre Herausforderungen.
Und obwohl das bedeutet, dass sie viel vor Menschen erklären muss, machte sich Lina mit ihrem Grundeinkommen als Trainerin für Aquafitness selbstständig.
Lina sagt von sich: "Ich bin auf jeden Fall stolz darauf, das so gemeistert zu haben." Die Selbstständigkeit sei eine wunderbare Erfahrung: "Das Leben zu gestalten, nach den eigenen Vorstellungen."
Blick mit uns zurück und voraus
In 10 Jahren gibt es jede Menge Highlights. Noch mehr zu feiern. Und noch mehr Pläne für die nächsten 10 Jahre...
Was meinst du? Welche der zehn Geschichten hat dich besonders berührt, mit welchen Gewinner*innen fühlst du dich besonders verbunden? Verrat es uns in den Kommentaren!
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