Was motiviert uns wirklich, im Beruf ein Leben lang unser Bestes zu geben? Sind es Zwang und drohende Armut? Oder doch eher die Freiheit, jeden Tag Raum für unsere Ideen und unser ganzes Können zu haben? Diese vier Menschen haben beides erlebt. Ihre Antwort macht Lust auf Arbeit – und das Bedingungslose Grundeinkommen für alle!
"Sechs Monate nach dem Gewinn hatte ich mein eigenes Atelier!"
Anita ist Schneiderin aus Baden-Württemberg. Sie hat das 304. Grundeinkommen gewonnen.
"In dem Jahr mit Grundeinkommen hat sich total viel verändert: Ich habe mich mit einem kleinen Nähatelier selbstständig gemacht, hier in Ravensburg. Hier bringe ich anderen Menschen das Nähen bei.
Das Nähen ist eine ganz große Leidenschaft von mir und es war schon immer klar, dass ich mir unbedingt meinen Traum von einem eigenen Atelier verwirklichen will. Ich hätte mich auch ohne Grundeinkommen selbstständig gemacht, aber ich wäre längst nicht so schnell gewesen. Das Grundeinkommen war ein enormer Anschub.
Einen Raum für das Atelier hatte ich schon gefunden: Ein altes Gewölbe aus Kalkstein mit Rundbögen, das ich dann schön einrichten konnte. Ich konnte mir drei, vier spezielle Nähmaschinen kaufen, Flyer drucken und eine Internetseite erstellen. Für das alles hätte ich sonst viel länger sparen müssen.
Nach einem halben Jahr mit Grundeinkommen habe ich das Atelier eröffnet. Gerade läuft es super: Meine Kurse sind gut besucht, die Leute machen den Nähmaschinen-Führerschein, nähen Hosenanzüge und Krabbeldecken. Zwischendurch habe ich für eine Ausstellung einen acht Meter langen, aufblasbaren Wal genäht, das war ein Highlight."
"Der alte Job war einfach nur Mist!"
Chris arbeitet jetzt als Konzepter in Nordrhein-Westfalen. Er hat das 738. Grundeinkommen gewonnen.
"Eigentlich war es mein Plan, mit meinem Grundeinkommen weniger zu arbeiten. Dann aber kam ich ins Grübeln: Ist es vielleicht ein tieferliegendes Problem? Und die Antwort war: 'Ja, da ist ein viel größeres Problem: Der Job ist einfach nur Mist.' Ich habe jeden anderen auf dem Weg zur Arbeit beneidet – weil ich alles lieber machen wollte, als zu meinem eigenen Job ins Büro zu gehen. Ich wollte also nicht nur Stunden reduzieren – ein neuer Job musste her.
Aber so ein Neuanfang hat mir auch Angst gemacht: Es kann ja auch was schiefgehen. Das Grundeinkommen hat mir Sicherheit gegeben. Ich habe gekündigt und was Neues gesucht. Das waren schon so vier, fünf Monate Umbruchphase.
Am Ende hat es geklappt. Ich arbeite jetzt in einer Agentur als Konzepter. Ich entwickle Ideen für die Marketing-Kommunikation und kümmere mich um das Projektmanagement. Privat habe ich schon immer gerne geschrieben, Lyrik vor allem. In meinem neuen Job kann ich auch sehr viel texten – das erfüllt mich! Und ich habe mehr Verantwortung als bei meinem alten Arbeitgeber. Eine Arbeit, die mich nun durch und durch zufrieden macht."
"Ich habe den Schritt in die Ausbildung gewagt!"
Astrid ist jetzt Trauerrednerin in Schleswig-Holstein. Sie hat das 20. Grundeinkommen gewonnen.
"Vor meinem Grundeinkommens-Gewinn war Geld für mich immer mit Stress verbunden, da es einfach immer knapp war. Durch das Jahr mit Grundeinkommen fühlte ich mich versorgt, und das auch noch bedingungslos. Meine Kosten waren immer gedeckt, ohne dass ich mir Sorgen machen musste. Darüber hinaus war noch genügend Geld da, um es bewusst für Dinge einzusetzen, die mir wichtig waren.
Beruflich hat sich durch das Grundeinkommen viel verändert: Schon lange hatte ich die Ausbildung als Trauerrednerin im Blick. Mit dem Grundeinkommen wagte ich den Schritt und hielt schon sechs Monate nach dem Gewinn meine erste Trauerrede.
Oft sagen die Angehörigen nach der Trauerfeier zu mir: "Eigentlich darf man das ja bei einer Trauerfeier gar nicht sagen, aber es war so schön, vielen Dank!" Ich beschäftige mich intensiv mit der Biografie der Verstorbenen. Dabei gibt es immer diesen einen magischen Moment: Ich finde den Lebensfaden und plötzlich fügt sich alles zusammen.
Meiner Familie hat das Grundeinkommen richtig gut getan. Vor dem Gewinn bin ich immer ganz schön unter Stress geraten, wenn die Kinder mit einer Idee um die Ecke kamen oder fragten: "Mama, kannst du was dazugeben?" Mit dem Grundeinkommen bin ich viel freier geworden und hab angefangen, meine Kinder bei der Umsetzung ihrer Ideen zu ermutigen."
"Ich verlange einen angemessenen Stundenlohn – und jetzt bekomme ich ihn auch!"
Inanna (sie/ihr) ist Trainerin für Diversität und Kommunikation. Die Berlinerin hat das 296. Grundeinkommen gewonnen.
"Es ist, als wäre ein Wunder passiert: Genau drei Tage nach Abgabe meiner Abschlussarbeit gewann ich mein Bedingungsloses Grundeinkommen. Jahre des Studiums gingen zu Ende und bis zum Gewinn war noch ungewiss: Wie wird es finanziell weitergehen? Und da – bäm! – kam das Grundeinkommen. Zumindest ein Jahr lang keine Finanznot!
Im Laufe des Jahres hat das Grundeinkommen einiges in Gang gesetzt: Ich konnte meine Selbstständigkeit als Trainerin ausbauen und mich in Gewaltfreier Kommunikation fortbilden. Ich ließ mir erstmals ein eigenes Logo und Visitenkarten machen. Und entschied mich gegen Ende des Jahres sogar für einen großen Umzug in eine Stadt, die mir deutlich bessere Arbeitsmöglichkeiten versprach.
Wenn es ums Honorar ging, war ich bisher immer froh, einfach den Zuschlag zu bekommen – ich war quasi mit allem zufrieden, weil jeder Cent zählte und es gefühlt immer ums Überleben ging. Das Grundeinkommen gab mir die Sicherheit, als Trainerin mehr Selbstbewusstsein zu zeigen und meine eigene Arbeit ganz anders wertzuschätzen.
Ich kann nun sagen, dass ich mit meiner Arbeit einen wichtigen Beitrag leiste und dies auch finanziell anerkannt bekommen möchte. Deshalb fing ich an, einen angemessenen Stundenlohn zu verlangen – und bekam diesen auch prompt."
Wer glaubt, dass niemand mehr arbeiten geht, wenn wir alle ein Bedingungsloses Grundeinkommen hätten, der hat nicht verstanden, was Menschen wirklich zum Arbeiten motiviert. In unserem Schwerpunkt "Warum wir arbeiten" zeigen wir, dass es dabei um viel mehr als Geld geht...