Mit einem Bedingungslosen Grundeinkommen gewinnen wir mehr als "nur" finanzielle Sicherheit: Es steigert auch Zufriedenheit, Wohlbefinden – und zwar in Abhängigkeit von unserer Arbeitsmotivation. Das belegt eine neue Studie mit unseren Gewinner*innen. Hier erklärt die ArbeitswissenschaftlerinJulia Malinka, wie Grundeinkommen und Arbeitsmotivation zusammenhängen.
Über drei Jahre habe ich im Rahmen meiner Promotion 357 Gewinner*innen eines Grundeinkommens zu ihrem Wohlbefinden, ihrer Zufriedenheit und Arbeitsmotivation befragt. Außerdem interessierte mich, inwiefern die psychischen Bedürfnisse dieser Menschen am Arbeitsplatz befriedigt werden konnten.
Dazu habe ich mit allen Gewinner*innen dreimal gesprochen – zu Beginn, während und auch am Ende ihres Jahres mit Grundeinkommen.
Meine interessanteste Erkenntnis vorweg: Lebenszufriedenheit und Wohlbefinden der Gewinner*innen sind bereits im ersten Halbjahr mit Grundeinkommen angestiegen. Und dieses erhöhte Level war dann auch bis zum Ende des Jahres zu beobachten.
Das ist gar nicht selbstverständlich, denn meine Befragungen habe ich während der Corona-Pandemie durchgeführt – und wir wissen aus zeitgleich erhobenen Studien, dass sich Lebenszufriedenheit und Wohlbefinden vieler Menschen in dieser Phase oft zum Negativen entwickelt haben.
Der Fokus meiner Forschung lag auf der Arbeitsmotivation. Dabei unterscheide ich zwischen selbstbestimmter und nicht-selbstbestimmter Motivation.
Die selbstbestimmte Arbeitsmotivation meint dabei einerseits die intrinsische, also die Motivation aus der Tätigkeit selbst heraus – aber auch die Motivation, bei der wir Werte und Sinn unserer Arbeit verinnerlichen. Im Fall der nicht-selbstbestimmten Arbeitsmotivation verrichten wir eine Tätigkeit dagegen nur aufgrund äußerer Anreize wie Belohnung, Ansehen oder Erfolg – oder gar, um eine Bestrafung zu vermeiden.
Die selbstbestimmte Motivation ist die nachhaltigere Form der Arbeitsmotivation, die in wissenschaftlichen Studien regelmäßig einen engen Zusammenhang mit Lebenszufriedenheit und Wohlbefinden aufweist.
Während wir eine Arbeit verrichten, können beide Formen der Motivation gleichzeitig vorkommen, und dabei auch unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Der Idealfall wäre, dass eine Person ihren Beruf gern ausübt – und dabei gleichzeitig auch durch die Vergütung motiviert ist.
Meine Befragung der Grundeinkommens-Gewinner*innen ergab, dass nur die selbstbestimmte Motivation Einfluss auf die Entwicklung von Lebenszufriedenheit und Wohlbefinden hatte: Sie war im gesamten Untersuchungszeitraum ein wichtiger Einflussfaktor.
Gespeist wurde dieser Zusammenhang von der Erfüllung der Grundbedürfnisse bei der Arbeit, und dabei vor allem durch Autonomie- und Kompetenzempfinden.
Ich fand heraus, dass vor allem Menschen, die vor dem Jahr mit Grundeinkommen ein geringes Maß an selbstbestimmter Arbeitsmotivation aufwiesen, in signifikanter Weise an Lebenszufriedenheit und auch an Wohlbefinden gewannen: Bei ihnen konnte ich in der ersten Hälfte ihres Grundeinkommensjahres einen regelrechten Ansprung verzeichnen. Danach stabilisierte sich der Effekt.
Das deutet darauf hin, dass das Grundeinkommen den fehlenden positiven Effekt von selbstbestimmter Arbeitsmotivation bis zu einem bestimmten Grad abfedern kann!
Der fehlende "Zwang" öffnet neue Spielräume
Die genaueren Hintergründe und Zusammenhänge waren zwar nicht Gegenstand meiner Fragestellung. Denkbar ist aber zum Beispiel, dass Personen mit geringer selbstbestimmter Arbeitsmotivation nicht länger gezwungen sind, Jobs nachzugehen, bei denen sie nicht wenigstens einen bestimmten Grad an Überzeugung oder Lust verspüren.
Dieser fehlende "Zwang" macht etwas mit ihnen, da bewegt sich etwas. Es ist also möglich, dass das Bedingungslose Grundeinkommen neue Handlungsspielräume eröffnet, die zu mehr Lebenszufriedenheit und Wohlbefinden beitragen – und so auch kompensatorisch wirkt, also einen Mangel an intrinsischer Arbeitsmotivation ausgleichen kann.
Andere mögliche Einflussfaktoren wie Geschlecht, Alter, Einkommen, Arbeitszeit, Bildung oder Anzahl minderjähriger Kinder hatten übrigens keinen Einfluss auf die beschriebenen Effekte.
Ein Beweis für die Wirksamkeit des Grundeinkommens ist das zwar noch nicht, denn dazu bräuchte es aus wissenschaftlicher Perspektive die parallele Befragung einer Kontrollgruppe, die kein Grundeinkommen erhält.
Nur so könnten wir die berichteten Effekte mit höherer Gewissheit dem Grundeinkommen zuschreiben. Aber genau deswegen bin ich schon sehr gespannt, was andere Studien in diesem Zusammenhang herausfinden werden. Eine solche Studie mit der parallelen Befragung einer Kontrollgruppe, die kein Grundeinkommen erhält, ist zum Beispiel das Pilotprojekt Grundeinkommen.
Was Julia Malinka herausgefunden hat, bestätigen immer wieder die Menschen, die uns Einblick in ihr Jahr mit Grundeinkommen geben. Vier von ihnen haben uns erzählt, wie es ihr Berufsleben und ihre Arbeitsmotivation verändert hat.