Wie muss das Bedingungslose Grundeinkommen eigentlich gestaltet sein, damit es unsere Umwelt und unseren Wohlstand schützt? Diese Frage hat die Expertin für Nachhaltigkeitspolitik Maja Göpel für uns beantwortet. Ihre fünf wichtigsten Punkte haben wir für dich zusammengefasst.
Alle Wissenschaftler*innen arbeiten an neuen Möglichkeiten für unsere Gesellschaft, um unsere gemeinsamen Ziele zu erreichen.
Denn unser hoher Verbrauch von Ressourcen in der Wirtschaft liegt aktuell weit über der Belastungsgrenze unserer Umwelt. Und das hängt Maja zufolge auch damit zusammen, dass wir bei Lösungen wie dem Grundeinkommen nur auf wirtschaftliche Aspekte blicken, statt auch auf die gesellschaftlichen Folgen.
Prof. Dr. Maja Göpel arbeitet seit 25 Jahren an der Schnittstelle von Gesellschaft, Wissenschaft und Politik – und macht von dort aus die Welt ein bisschen besser.
Mit Blick auf die Grenzen des Wachstums und die Folgen des Klimawandels macht sie dabei eines ganz klar: Weiter wie bisher ist keine Option.
Maja Göpel hat für uns zusammengefasst, wie ein Bedingungsloses Grundeinkommen (BGE) gestaltet sein müsste, damit es sowohl unsere Umwelt als auch unseren Wohlstand schützt.
Studien von Deutschlandtrend und More in Common zeigen, dass sich Menschen Sorgen machen, unsere Gesellschaft egoistischer wird und Wohlstand immer schlechter verteilt ist.
Die ungerechte Verteilung von Geld und Vermögen hat jedoch einen enormen Einfluss darauf, ob Menschen wirklich umweltbewusst leben können. Denn "konventionell" hergestellte Produkte sind auch heute noch (zum Teil deutlich) preiswerter als nachhaltig produzierte Alternativen.
Die stetig steigende macht außerdem so manches bislang günstige Produkt teurer, da ihre versteckten Umweltkosten jetzt eingepreist – und dadurch sichtbar werden. Luftverschmutzung durch Abgase, unnötiges Tierleid oder die Verschmutzung von Grundwasser sind für Unternehmen durch die Steuer nun nicht mehr kostenlos. Deshalb steuern wir als Gesellschaft eigentlich in die richtige Richtung.
Aber die CO₂-Steuer allein benachteiligt viele Menschen, die bereits jetzt wegen schlechter Löhne keine hohen Preise stemmen können. Dieses Problem zu lösen, sieht Maja Göpel als Aufgabe der Politik.
Menschen, die umweltfreundlich konsumieren, würden so belohnt, indem sie mehr Geld zurückbekämen, als sie vorher Steuern bezahlt hätten. Und wer viele umweltschädliche Produkte oder Dienstleistungen kauft, würde unterm Strich mehr Steuern zahlen als erhalten. Weil die Höhe des erhaltenen Klimagelds vom eigenen Konsumverhalten abhängt, können so alle Menschen selbst entscheiden, wie sehr sie vom Klimageld profitieren, egal ob sie angestellt oder selbstständig sind.
Die CO₂-Steuer und das Klimageld sorgen allerdings noch nicht für eine gerechte Besteuerung. Das Grundeinkommen dagegen kann dieses Problem zwar lösen, es hängt allerdings davon ab, wie wir es finanzieren: Unterschiedliche Finanzierungsweisen haben unterschiedliche Auswirkungen.
Bonuseffekt: Würden wir das Grundeinkommen auch über eine Vermögensteuer finanzieren, hätte das zum Ergebnis, dass sich Vermögen nicht mehr so stark bei wenigen Einzelpersonen sammelt. Damit hätten sie auch nicht mehr so viel Vermögen, das in teure und umweltschädliche Statussymbole fließen kann.
Sehr viel Vermögen steckt heute außerdem noch in Geschäftsmodellen mit hohem Ressourcenverbrauch und hohem CO₂-Ausstoß. Mit den Einnahmen aus der Vermögensteuer könnten die Folgen dieser umweltbelastenden Geschäftsmodelle zumindest finanziell abgefedert und mit nachhaltigen Investitionen entgegensteuert werden.
Das Grundeinkommen würde uns aber nicht nur finanziell helfen, umweltbewusster zu leben. Denn wer sich entscheidet, mit dem Grundeinkommen weniger Stunden zu arbeiten, kann mit der gewonnenen Zeit und Energie zum Beispiel kaputte Geräte reparieren oder Gerichte aus frischen Lebensmitteln zubereiten, statt sie abgepackt und gekühlt zu kaufen.
Die Forschung belegt, dass mehr Zeit im Alltag dazu führt, dass wir weniger verbrauchen. "Zeitwohlstand" nennt Maja Göpel diesen Effekt des Grundeinkommens.
4. Wie positiv das BGE wirkt, hängt von der Gesellschaft ab
Ein entscheidender Aspekt dabei, wie sich die Wirkung des Grundeinkommens in der Gesellschaft entfaltet, ist, wie die Gesellschaft selbst gestaltet ist.
Wenn zum Beispiel günstiger und zuverlässiger öffentlicher Nahverkehr und gute Fahrradwege existieren, bleiben Menschen ohne große zusätzliche Kosten mobil – und müssen weniger von ihrem Grundeinkommen in andere umweltschädlichere Fortbewegungsmittel stecken.
Wenn in einer Gesellschaft Mieten sehr teuer sind, muss ein großer Teil des Grundeinkommens für Wohnen ausgegeben werden – sodass wiederum weniger Geld für umweltfreundlichen Konsum übrig bleibt (beispielsweise nachhaltige Lebensmittel). Zusammengefasst: Hohe Kosten im Alltag verringern die positive Wirkung des Grundeinkommens für den Schutz der Umwelt.
Bei manchen Menschen führt eine gute finanzielle Absicherung außerdem dazu, dass sie sich von der Gesellschaft abwenden, ganz unabhängig von ihrer politischen Einstellung. "Diese Gesellschaft ist ohnehin verloren, ich ziehe mich jetzt zurück, weil ich es kann."
Solche Entwicklungen sind problematisch und müssen berücksichtigt werden, weil wir zu diesem Zeitpunkt genau das Gegenteil brauchen: ganz viel Engagement für gesellschaftliche Gestaltung.
Wir dürfen solche potenziellen Wirkungsaspekte des Grundeinkommens auf die Gesellschaft deshalb nicht ausblenden. Wir müssen, im Gegenteil, bereits vorher überlegen, welches Verhalten welche Art der Finanzierung begünstigt oder einschränkt. Denn die positiven Folgen des Grundeinkommens passieren nicht einfach automatisch.
5. Das Grundeinkommen muss sich anpassen
Bevor Maja Göpel ihren Beitrag beim Kongress der Gesellschaft beendet, darf das Publikum Fragen stellen. Eine davon lautet: Wie fließen externe Faktoren in die Überlegungen zum Grundeinkommen ein? Was passiert zum Beispiel, wenn die Reichen auswandern und das System nicht mehr finanziert werden kann?
Maja weist uns darauf hin, dass sich unsere Realität permanent verändert und sich deshalb jedes Instrument, auch das Grundeinkommen, entsprechend anpassen muss. Aus der Vergangenheit und aus der Forschung weiß sie aber, dass große Produktionsanlagen nicht ganz so schnell woanders neu aufgebaut werden – auch wenn es bei manchen Geschäftsmodellen (wie bei Software) oder auf dem Finanzmarkt einfacher geht.
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Progressive politische Veränderungen sollten sich von der Drohung weniger Reicher nicht aufhalten lassen. Denn ihre umweltschädlichen Geschäftsmodelle funktionieren oft nur noch, weil wir sie mit unseren Steuern subventionieren. Und das tun wir momentan, obwohl ihre Geschäfte unsere Lebensgrundlagen bedrohen.
Und du? Glaubst du auch, dass ein Bedingungsloses Grundeinkommen nicht nur unsere Gesellschaft, sondern auch die Umwelt retten könnte? Diskutiere mit uns in den Kommentaren!
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