Wir alle zahlen längst den CO₂-Preis – aber das Klimageld, das für den sozialen Ausgleich sorgen soll, bleibt bislang ein leeres Versprechen. "Das kann doch nicht wahr sein!", prangert die Sozialaktivistin Helena Steinhaus an. Hier erklärt sie, warum das Eine nicht ohne das Andere geht.
Es macht total Sinn, einen Preis auf den CO₂-Ausstoß zu erheben. Damit wird klimaschädliches Verhalten quasi bestraft und Geld eingesammelt, um die klimaneutrale Transformation voranzutreiben. Vor drei Jahren hat der Staat die eingeführt. Dadurch steigen aber die täglichen Ausgaben der Bürger*innen kontinuierlich.
Deswegen hat die Bundesregierung im Koalitionsvertrag vereinbart, einen sozialen Ausgleichsmechanismus zu entwickeln: das Klimageld. Es könnte einmal im Jahr als Entlastung an alle Menschen ausgezahlt werden. Das Gute ist: Das Geld ist bereits da. 40 Milliarden Euro hat die Regierung in den letzten drei Jahren von uns allen einkassiert. Laut Berechnungen hätten wir alle bereits mindestens 139 Euro Klimageld für die letzten drei Jahre bekommen müssen.
Aber viele bemerken die Preissteigerungen gar nicht, da sie mehr als genug haben oder weil sie durch gezielte Lobbyarbeit gar nicht erst zur Kasse gebeten werden. So oder so haben reiche Menschen die finanzielle Freiheit, sich ein Elektroauto zu kaufen oder eine Wärmepumpe einbauen zu lassen. Dann sparen sie sofort CO₂ und Geld ein und belasten das Klima weniger.
Gleichzeitig wird das Leben für den ärmeren – und wesentlich größeren – Teil der Gesellschaft immer teurer. Viele können kaum von ihren Gehältern leben. Menschen in Bürgergeld oder Grundsicherung kommen erst recht kaum über die Runden. Jeder Wocheneinkauf stellt sie vor die Zerreißprobe, eine Klassenfahrt der Kinder oder neue Winterschuhe verursachen schlaflose Nächte.
Durch den steigenden CO₂-Preis werden Millionen Menschen zusätzlich tiefer in die Armut gedrängt. Sie spüren die Einschnitte durch steigende Preise täglich. Obwohl sie sich kaum klimaschädliches Verhalten leisten können, weder SUV fahren, noch in den Urlaub fliegen, müssen sie bei jedem Brotkauf ihren Beitrag für die Klima-Transformation zahlen.
Diese Menschen bekämen mehr Klimageld, als sie für ihren CO₂-Ausstoß bezahlt haben. Durch das Klimageld würden sie also belohnt.
Nur 20 Prozent empfinden die Energiewende als gerecht
Aber anstatt das Geld wie versprochen an die Bevölkerung zurückzuverteilen, wird es von der Regierung zu großen Teilen zweckentfremdet. Zum Beispiel an den Konzern Intel, der in Magdeburg eine Computerchip-Fabrik baut. Knapp 10 Milliarden Euro aus den CO₂-Preis-Einnahmen fließen dort als Subventionen hinein – ein Viertel der gesamten Einnahmen!
Das hat weder mit Klimaschutz noch mit sozialem Ausgleich auch nur das Geringste zu tun. Im Gegenteil! Es belastet die Umwelt und ist Umverteilung in Reinform – aber in die falsche Richtung: von unten nach oben, von Vielen an Wenige.
Laut einer Bertelsmann-Studie aus dem Jahr 2023 empfinden entsprechend auch nur 20 Prozent der Bevölkerung die Energiewende als gerecht: "Als ungerecht bewerten die Deutschen vor allem die Verteilung von Nutzen und Kosten zwischen Gut- und Geringverdienern, zwischen Unternehmen und Verbrauchern (...)".
Wer ist Helena Steinhaus?
Helena Steinhaus kämpft für eine Grundsicherung ohne Misstrauen. Seit 2015 hilft der spendenfinanzierte Solidartopf ihres Vereins Sanktionsfrei e.V. Menschen, denen das Jobcenter die Bezüge kürzt. Mit der Aktion "Klimageld – Wir fangen an!" setzen sich Helena und ihr Team jetzt erstmals auch dafür ein, dass Klimaschutz sozial gerecht gedacht und gemacht wird.
Das Klimageld könnte die Akzeptanz für klimaschutzpolitische Maßnahmen deutlich erhöhen, belegt eine Umfrage der Berliner Hertie School in Zusammenarbeit mit Politikwissenschaftler*innen der Universität Oxford und der Humboldt-Universität Berlin. Sie zeigt, dass das Konzept eines sozial gestaffelten Klimageldes in der Bevölkerung große Zustimmung erfährt.
Trotzdem zögert die Ampel die Umsetzung des Klimageldes aus fadenscheinigen Gründen hinaus und verwendet derweil das Geld für andere Zwecke. Dabei ist es keine ferne Utopie. Es ist realistisch und greifbar nah: Das Geld ist da und auch technisch wäre es wahrscheinlich schon ab 2025 möglich, es pro Kopf auszuzahlen.
Aber auch für die kommenden Jahre ist dieses Geld längst anderweitig verplant. Das kann doch nicht wahr sein!
Wir, das sind mein Berliner Verein Sanktionsfrei e.V., der sich für eine menschenwürdige Grundsicherung einsetzt, der Paritätische Gesamtverband, Fridays For Future, Campact, Oxfam, die Klima-Allianz, German Zero, Attac, Mein Grundeinkommen e.V. und viele andere Organisationen.
Unser Bündnis appelliert an die Bundesregierung, das Klimageld ohne Verzögerung einzuführen – am besten sozial gestaffelt. Anstatt sich ausgerechnet am Portemonnaie der Ärmsten zu bedienen, muss die Regierung sich das Geld für die Klima-Transformation an anderer Stelle holen: Klimaschädliche Subventionen müssen eingefroren, Privilegien für Reiche und Konzerne abgeschafft werden und das Kaputtsparen muss ein Ende haben.
1.000 Menschen haben von uns im April die 139 Euro Klimageld bekommen, die ihnen für die letzten drei Jahre zustehen. Und zwar die Menschen, die es am allernötigsten brauchen: Menschen, die Bürgergeld, Grundsicherung oder Wohngeld beziehen.
Der nächste Schritt ist das Klimageld für alle! Um das zu unterstützen, kannst du mit ein paar Klicks eine E-Mail an deine*n Abgeordnete*n im Ausschuss Klimaschutz und Energie des Bundestages schreiben. Fordere sie auf, sich für das Klimageld stark zu machen. Je mehr Menschen mitmachen, desto größer wird der Druck und die Wahrscheinlichkeit, dass sich etwas bewegt.
Unser aller Geld muss zum Wohle der Allgemeinheit und der Umwelt investiert werden!
Was denkst du? Bist du für oder gegen die CO₂-Bepreisung? Und könnte ein ausgleichendes Klimageld deine Meinung ändern? Schreib es uns in die Kommentare!
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